Liebe Freunde und Leser unserer Reisenotizen, 

inzwischen sind wir bereits mehrere Wochen zuhause und wie versprochen gab es noch Tagebucheinträge zu vervollständigen. Es wurden folgende Einträge hinzugefügt bzw. ergänzt: 

16.01.2010 Der Bericht über die Zeit in Cape Town

13.- 21.12.2009 Unsere Rundreise im Damaraland/Namibia

Alle, die unser Tagebuch verfolgt haben, grüßen wir auf diesem Wege noch einmal ganz herzlich. Eure Rückmeldungen schon während unserer Reise haben uns beflügelt, möglichst zeitnah „Meldung zu machen“ von unseren Erlebnissen. Es war wirklich toll zu wissen, dass es da Menschen gibt, die mit uns mitfiebern und uns von zuhause aus bei unseren Vorhaben unterstützen. Uns hat es auch sehr viel Spaß gemacht, unsere Erlebnisse mit Euch zu teilen. Es war nicht immer leicht, nach einem ausgefüllten Tag auch noch die Erlebnisse niederzuschreiben, Fotos auszusuchen und dann auch noch nach Deutschland zu schicken. Letzteres war meistens der abenteuerlichste Teil daran. Manches Mal saß Uli am einzigen PC einer Lodge (also deren Arbeits-Gerät) und durfte dort seine Daten nach Deutschland schicken. Völlig unkompliziert dort den USB-Stick einlegen und die Daten per Email versenden. In Deutschland wäre das allein aus sicherheitstechnischen Gründen wohl undenkbar. Und dann manchmal 2-5 MB Daten über eine normale Modemverbindung (56K) schicken, das war wirklich abenteuerlich und für uns Highspeed-Europäer schon so weit weg, obwohl es vielleicht gerade mal 10 Jahre her ist, dass auch die 56 K-Leitung bei uns Standard war.

Also nochmals danke für alles Mittragen und Mitreisen in Euren Gedanken. Bis zum nächsten Mal, wann immer das auch ist.

Eure Christina & Hans-Uli Strohm


 

Freitag, 4. Dezember:

Heute ist der Tag, an dem es für unseren Abreisetag ein deutsches Wort gibt: übermorgen! Unglaublich. Seit Wochen arbeiten wir auf diesen Moment hin und oft war es durch die Vereinsgründung und die vielen Vorhaben auf der Reise wirklich mehr arbeiten als nur drauf zu warten. Aber Zeit ist unerbittlich und zuverlässig zugleich. Sie läuft ihre Bahn und nimmt uns mit oder lässt uns zurück, je nachdem. Die Aufregung steigt ins Unermessliche. Es gibt noch soooo viel zu tun bis "übermorgen" und irgendwie fehlt gerade noch der Plan, wie das Viele in die knapp 54 Stunden bis zur Abfahrt zum Flughafen noch passen soll. Der gestrige Tag war geprägt von Einkäufen der leichten Art. Leicht aber etwa nicht, weil es kein Problem gewesen wäre, was zu finden. "Leicht" war das Hauptkriterium für die Auswahl der Mitbringsel. Na ja, es gibt schon manches, was darunter fällt, z.B. für die Kinder Frigeo-Brause oder kleine UNO-Kartenspiele oder kleine Leuchtsterne. Aber es ist auch beliebig schwierig mit der Maßgabe Sinnvolles zu finden, noch dazu für viele Menschen, die man noch gar nicht kennt. Es ist einfach ärgerlich. Die Fluglinie Namibia Air hat uns jegliches kostenfreie Übergepäck (also mehr als 20 kg pro Person) mehrfach abgelehnt. Nichts von all den Argumenten zählte: nicht der Verein und sein Anliegen, nicht Ulis schwere Fotografie-Ausrüstung (sind schon fast 20 kg allein), nicht die lange Reise, gar nichts. Nicht einmal die Anfrage, uns für einige Kilos einen Sonderpreis zu gewähren, wie von Lufthansa z.B. praktiziert, wurde positiv beantwortet. Und auch die kritische Anfrage, warum jeder Golfer oder Kopftrophäenjäger ohne weiteres seine Hobby-Ausrüstung mit jeweils 15 kg zusätzlich kostenfrei mitnehmen darf, hat nicht zum Ziel geführt. Gewehre und Golfschläger schon, Hilfsgüter und Fotoausrüstung, auch nicht die erwähnte Wanderausrüstung, das alles zog nicht. Frustrierend. 20 kg sind wirklich nicht viel, wenn der Koffer schon mal min. 3-4 kg wiegt... Aber davon lassen wir uns jetzt nicht unterkriegen. Wir werden packen und sehen, was passiert. Etwas der afrikanischen Gelassenheit, die wir dort wieder lernen werden in den kommenden Wochen, schlägt schon auf hier durch und vermittelt uns: step by step, jetzt dies, dann das, dann schau 'mer mal. Also, in diesem Sinne, auf in den Tag und sehen, wie viel möglich sein wird. Und sich darauf freuen, dass morgen schon "morgen" ist und zugleich auch das Wort, mit dem dann unser Abreisetag benennbar ist.
 

Samstag, 5. Dezember:

Weihnachten ist überall

Gerade habe ich mit Jutta telefoniert. Die war irgendwie komisch, klang fast ein bisschen sauer. Sie meinte, ich könnte Weihnachten ruhig mal hier bleiben, damit wir das große Fest mal gemeinsam feiern könnten. Wäre doch schließlich der Sinn von Weihnachten, gemeinsam die Geburt Jesu Christi zu feiern.

Mhmm, ich habe versucht, ihr klar zu machen, dass ich nicht speziell wegen Weihnachten weg fliege oder gar flüchte nach Südafrika, dass es sich halt wegen der Jobs so ergeben hat. Hat sie aber irgendwie nicht so überzeugt. Na ja, ist ja auch nur die halbe Wahrheit. Hat sich zwar wirklich deshalb so ergeben, aber mittlerweile bin ich froh, dass Afrika unser festes Reiseziel über Weihnachten geworden ist. Seit Uli und ich regelmäßig nach Afrika gehen, sind wir irgendwie etwas geerdeter als vorher. Auch wenn wir vorher schon wussten, dass es uns hier in Deutschland super gut geht, so ist es uns dort vor Ort, wo das existenzielle Elend allgegenwärtig ist, doch noch viel deutlicher geworden. Oder sagen wir mal erfahrbar und mit den Händen greifbar. Diese Erkenntnis ist uns mittlerweile mehr wert als jedes andere materielle Weihnachtsgeschenk.

Aber das ist nicht der einzige Grund, warum wir immer wieder hinreisen über Weihnachten. Es ist auch die Lebensfreude der Menschen dort, die aus wenig oder sogar aus nichts was machen. Und die man nie jammern hört. Die sich über jede Kleinigkeit freuen können. Besonders aber über menschliche Nähe und das Interesse, das wir ihnen entgegen bringen. Unsere Wertschätzung, unser Respekt vor ihrer Tradition und der so ganz eigenen Kultur, die uns manchmal völlig fremd und unverständlich ist, bedeutet ihnen sehr viel. Weil sie spüren, dass sie so wie sie sind, wahr genommen werden, dass wir uns an ihnen freuen und dem, was sie uns zu geben und zu schenken haben. Ist das eigentlich nicht der wirkliche Sinn von Weihnachten, habe ich mich letztes Jahr gefragt, als wir dort am Weihnachtstag im Kreis rund um den Tisch standen ? Ist Jesus nicht genau deshalb in die Welt gekommen, damit wir Liebe, Wertschätzung und Anerkennung erfahren, genau so wie wir sind ?

Und so werden wir immer wieder total bereichert durch ihre Offenheit, ihre Herzlichkeit und kommen mit übervollem Herzen aus Afrika zurück. Eigentlich fahren wir ja dahin, um den Menschen dort zu helfen. Dann aber erleben wir, wie im Grunde eher uns geholfen wird. Und immer wieder, wenn mir das klar wird, wünschte ich mir, ich könnte Jutta und alle unsere anderen Freunde über Weihnachten mit nach Afrika nehmen ...

 

Sonntag, 6. Dezember:

Nach zwei langen Tagen und Nächten mit packen und alles fertig machen, sitzen wir jetzt endlich am Gate und warten darauf, dass wir in den Flieger steigen dürfen. In 20 Minuten geht´s hoffentlich los. Noch einen langen Nachtflug mit 10 Stunden Flugdauer und dann sind wir endlich wieder in Afrika, unserem roten Kontinent.

Erwartungsgemäß gab es Probleme mit unserem Gepäck. 20 kg Gepäck pro Person sind wirklich ein  Witz. Selbst die Vorabklärung von Christina hat nichts gebracht. Kein einziges Kilo zu extra Konditionen. So haben wir am Schalter verhandeln müssen und doch letztendlich bezahlt. Jagd- und Golfgepäck darf man 15 kg extra ohne Gebühr mitnehmen. Aber für unser "Hilfsgepäck" gibt es keinen Sonderpreis.
Ulis Fotoausrüstung alleine wiegt 20 kg. Es ist echt ein Graus. Da müssen wir noch Alternativen finden. 

Es ist  schade, weil man durch den Trouble, von dem man ja schon im Vorfeld weiß, richtig unter Druck kommt. Und leider gehören wir nicht zu der Einkommensklasse, die ohne mit der Wimper zu zucken,  Hunderte von Euro einfach für Gepäck löhnen kann.

Auf jeden Fall freuen wir uns auf einen hoffentlich angenehmen Flug und endlich bald dort zu sein.

Frei nach Hakuna Matata - Keine Probleme hoffentlich ...

 


kurz vor dem Abflug am Flughafen Frankfurt
Montag, 7. Dezember:

Wir sind in Afrika !!!

Jetzt ist es tatsächlich wahr geworden. Wir sind wieder in unserer „2. Heimat“. So fühlen wir uns, wenn wir auch noch nicht richtig angekommen sind. Körperlich sind wir natürlich hier aber unser Geist hat Verspätung. Wenn wir jetzt mal die erste ganze Nacht geschlafen haben wird sich das hoffentlich ändern und auch der hier eintreffen.

Der Flug war sehr gut. Der Flieger halb leer und deshalb hatten wir Platz uns auszubreiten. Christina hat fast die ganze Nacht geschlafen und auch Uli hat mindestens ein paar Stunden Schlaf abbekommen. Gepäck und auch Auto haben uns pünktlich erreicht. So konnten wir uns auf den Weg in die Hauptstadt Namibias machen. Schon die ersten 40 km von Flughafen bis in die Stadt haben uns wirklich unsere Sehnsucht das ganze Jahr über spüren lassen. Ja, wir haben es vermisst, die Weite, die Wärme, die Kameldornakazien - der typische afrikanische Baum mit weit ausladender Krone. Da lacht das Fotografenherz.

Im Hotel konnten wir heute morgen schon um 10:00 Uhr unser Zimmer beziehen. Das war toll, so konnten wir gleich ein kleines Nickerchen machen. Heute Mittag dann der obligatorische Erstertageinkauf. Wo wir alles das einkaufen, was wir für eine Tour in die Wildnis bzw. nicht so städtischen Gebiete brauchen.

Dann noch eine kleine Überraschung. Haverinus und Familie sind schon in der Stadt. Mit Haverinus, Erna und Taleni, der 6-jährigen Tocher sind wir ja für die nächsten 6 Tage verabredet. Wir machen mit ihnen eine Tour, zuerst zu ihren Eltern in der Nähe von Windhoek, dann geht es ins Ovamboland, ganz an die Grenze zu Angola im Norden, wo Haverinus herkommt. Danach fahren wir zusammen noch 2 Tage in den Etosha Nationalpark – Tiere gucken. Auf jeden Fall haben wir uns kurzfristig entschlossen uns doch schon heute zum Abendessen zu treffen. Für beide Parteien ist das aufregend gewesen.


Für uns, eine Familie zu treffen, wo wir nur Haverinus von 2 Safaritouren vor 2 Jahren kannten und eben durch unzählige SMS und Anrufe über diese Zeit Freundschaft geschlossen haben. Und für die 3 anderen war das auch ganz aufregend, sich jetzt mit 2 Weisen, 2 Umlungus, wie wir hier genannt werden, auf Tour zu gehen. Aber wir hatten ein tolles Treffen, der Funke ist zwischen uns übergesprungen. Nur Taleni war ein wenig schüchtern, aber das ist ja klar. Wir haben uns gleich in sie verliebt, aber ihr seht bestimmt selbst warum.

Jetzt nehmen wir aber zuerst mal eine große Mütze Schlaf. Den haben wir nach den langen letzten 3 Tagen ohne viel Schlaf auch dringend nötig und auch verdient. Wir gehen mit dem festen Wissen ins Bett: „WIR SIND IN AFRIKA“.

 

Dienstag, 8. und Mittwoch, 9. Dezember:

Jetzt sind wir wirklich in Afrika !!

Nun haben wir die ersten 1000 km in Namibia hinter uns und sind schon ganz erfüllt von den Erlebnissen der letzten 2 Tage. Gestern Morgen waren wir noch einmal in Windhoek, um die letzten Einkäufe zu machen. Als der Anruf aus Deutschland kam wegen eines Computerproblems, waren wir gerade dabei, die Fußbälle für die Fußball-Aktion zu kaufen. Glücklicherweise konnte Uli übers Telefon helfen das Problem zu lösen und so waren in Deutschland und in Afrika die Welt wieder ein Stück weit in Ordnung.

Dann ging es weiter nach Omitara, wo wir nun Haverinus, Erna und Taleni treffen wollten. In Omitara wohnen die Eltern von Erna. Wir waren gespannt, was uns dort erwarten würde. Wir hatten schon im Vorfeld herausgefunden, dass die Eltern von Erna in relativ einfachen Verhältnissen leben, so brachten wir als Gastgeschenke Zucker, Reis, Nudeln, Mehl und das in Afrika überaus wichtige Maismehl in jeweils 5 kg-Säcken mit. Also ins Auto gesessen (wir haben diesmal echt Glück gehabt und unser Nissan X-Trail 4x4 ist echt perfekt – inkl. der Adaption von Ulis Musiksystem) und von Windhoek in Richtung Osten gefahren. Omitara liegt ca. 110 km östlich von Windhoek. Am Treffpunkt hat uns Havernius abgeholt und wir sind zusammen zu Ernas Mama gefahren.





Die Menschen im Camp Otjivero bei Omitara wohnen wirklich sehr bescheiden, um nicht sagen zu müssen, dass sie in Elendsverhältnissen leben, was jedoch zutrifft. Fast nur einfachste Wellblechhütten, max. so groß wie eine halbe Fertiggarage. Wirklich Bedingungen, wo wir uns als Europäer in keinster Weise vorstellen können, dass man da überhaupt überleben kann. Ernas Eltern haben noch das „nobelste“ Haus, da es zumindest aus Steinen gemauert ist. Aber auch das ist keine Gewähr dafür, dass es im Winter wirklich warm innen ist, denn wie wir später am Tag hörten, kann es hier im Winter bis zu -18 °C-Temperaturen in der Nacht geben. Nicht auszudenken, wie es den Menschen in ihren Wellblechhütten und auch den nicht isolierten Steinhäusern geht. Der Anfang war ein wenig schwierig und für beide Seiten sehr ungewohnt. Aber mit der Zeit ging es dann schon etwas lockerer zu und Christina hat das Eis mit dem Begeistern der Kinder gebrochen. Mal wieder ihre Farben und Stifte ausgepackt und geschwind die Namen der 3 Kinder Taleni, Lee-Ann und Naledi aufs Papier gebannt und schon waren die 3 Mädchen ganz bei der Sache und haben die schwungvoll gestalteten Buchstaben ausgemalt. So ist es ein ganz unterhaltsamer Mittag geworden und wir haben mal wieder einiges über das normale Leben und Überleben der ländlichen Bevölkerung erfahren. Ins „Haus“ gebeten hat man uns allerdings nicht. Nicht mal einen Blick hinein konnten wir erhaschen. Wir nehmen mal an, dass man es uns aus Scham nicht zeigen wollte.

Auch zwei unserer Fußbälle von Christinas Fußballaktion haben neue Besitzer gefunden. Einen davon bekamen kleinere Kids (ca. 7-12 Jahre) und einen bekamen die Älteren, wohl alle schon ca. 18-20. Die waren richtig stolze Fußballer, hatten sogar richtige Trikots und sogar Stutzen an (wenn auch schon reichlich abgeliebt). Aber auch die haben sich über den Original Confederations-Cup-Fußball wirklich richtig gefreut. Christina hält dann immer eine kleine Ansprache und das macht sie ganz gut. Sie spricht dann von der WM 2010 und davon, dass wir uns Gedanken gemacht haben, wie die Jugendlichen und Kinder auf dem Land daran teilhaben können. Dann gibt es ein paar Worte über den Teamgedanken, vom Zusammenhalten, von sportlicher Fairness und davon, dass der Fußball auf jeden Fall die bessere Alternative zu Alkohol, Drogen, Kriminalität ist. Auch ist es immer wichtig, den Kindern oder Jugendlichen ans Herz zu legen, dass sie den Fußball nicht verkaufen, denn das kann schnell passieren. In Afrika ist nichts davor geschützt zu Geld gemacht zu werden, wenn es die Notwendigkeit dafür gibt und sich eine Gelegenheit bietet. Ob die Kids das dann auch immer beherzigen, wissen wir nicht, wir hoffen es mal. Auf jeden Fall stürmen die Ballkünstler immer ganz happy davon.

Einen für uns richtig schlimmen Fehler, wenn es darum geht, irgendwelche wohltätigen Gelder an Mann und Frau zu bringen, haben wir an diesem Tag aber auch schon beobachten können. Am Anfang haben wir es gar nicht gleich verstanden, was da abgeht aber bis abends hatten wir dann doch das ganze Bild. Haverinus und Erna hatten uns mittags schon erzählt, dass alle Bewohner dieser Ansiedlung - man könnte es auch als Slums bezeichnen oder Shacktownship - jeden Monat pro Kopf 100 Nam$ (10 €) bekommen. Das Geld kommt aus einem Topf, der von namibianischen Unternehmen und Charity-Organisationen gespeist wird. Deutsche Institutionen sind auch irgendwie involviert, wie genau wissen wir noch nicht. Werden wir aber noch rausfinden. Das Projekt nennt sich BIG (Basic Income Grant) und soll eine Grundration fürs Leben ermöglichen. Wie gesagt, es wird pro Kopf ausgezahlt. Da das Geld bar ausgezahlt wird, wird es nicht selten nicht für die Grundversorgung, sondern für Alkohol benutzt. Der schlimmste Nebeneffekt ist aber ein anderer, in unseren Augen sogar ziemlich pervertierter. Da pro Kopf bezahlt wird, werden die Bewohner dazu angereizt, möglichst viele Kinder zu haben. Das ist aber natürlich nur möglich, wenn man ungeschützten Sex hat, was aber dazu führen kann, dass man sich mit HIV/Aids infizieren kann. Was für ein furchtbares Ergebnis einer eigentlich gut gemeinten Hilfe. Einfach nur zu warten, bis die monatliche Zahlung kommt und nichts dafür tun zu müssen, ist in noch keinem Erdteil dafür gut gewesen, dass die Menschen dazu angeleitet werden, etwas Sinnvolles aus ihrem Leben zu machen.

Die Nacht haben wir auf einer Farm in der Nähe verbracht. Ein junges weißes Paar in der vierten Generation hatte sie gerade von den Eltern übernommen. War ein schöner Abend mit super Gesprächen, das Thema „schwarz und weiß“ mal aus der anderen Sicht zu verfolgen. Sie waren beide sehr offenherzig und haben uns alle unsere Fragen gerne beantwortet. So haben wir einiges über die Jagd erfahren, über das Leben und Arbeiten auf einer Farm und die sich verändernden Ansichten der nachkommenden Generationen der ehemaligen Deutsch-Südwester. Auch die beiden haben uns in unserer Ansicht bestätigt, was das BIG-Programm in Otjivero betrifft. Wir hatten den Eindruck, dass die beiden mit  einer tollen Einstellung auch mit ihren schwarzen Farmarbeitern umgehen. Sie versuchen, die Belegschaft der Farm ein bisschen wie eine Familie zusammen zu halten. Jeder ist für jeden da und kümmert sich um die Belange der anderen. Das war irgendwie ein gutes Gefühl, dass es auch so positive Beispiele gibt. Die zwei haben uns bestätigt, dass es in der jungen Farmergeneration ein wirklich gutes Verhältnis von schwarz und weiß gibt.

Der Hahn weckte uns früher, als uns lieb war. Das Frühstück mit den beiden Farmern war wieder sehr schön und interessant. Es gibt so viel, was man von den Menschen hier mitnehmen kann. Nach dem Frühstück hat Christina noch eine kleine Kalligraphie für die Farmer gemacht und dann ging‘s los. Wir haben noch Haverinus, Erna und Taleni in Omitara aufgegabelt und dann ging‘s ab gen Norden. Die Strecke war lang, fast 700 km, aber es ging ganz gut. Bis auf die letzten 25 km Schotterpiste, denn da kamen wir zum ersten Mal in ein afrikanisches Gewitter. Wir dachten bald, es schwemmt unser Auto davon. Vor uns verdunkelter Himmel, als würde die Welt untergehen, Blitze, Donner und zugleich der Regenbogen, was für eine Dramaturgie. Hier hat sich der 4x4-Antrieb das erste mal bewährt und wir sind sicher in unserer Unterkunft angekommen. Hier ist es ganz toll. Eine ehemalige Missionsstation, jetzt zu einer Logde umgebaut. Es ist hier wirklich so, wie man es sich als Europäer in Afrika vorstellt. Viele Kameldornakazien, weites Land, eine paar grüne Hügel, ein paar Palmen. Der Regen war echt heftig, manchmal war das Fahren schwer, vielleicht vergleichbar mit einer glitschigen Achterbahn. Dann wurden wir mit dem erwähnten unglaublich schönen Regenbogen belohnt und Uli konnte so richtig im Fotografieren schwelgen. Bis jetzt ist die Reise zu fünft ein voller Erfolg. Wir verstehen uns prächtig, Taleni, die Kleine ist ein wahrer Goldschatz und wir erfahren wirklich viel voneinander.

Morgen fahren wir weiter nach Norden an die angolanische Grenze zu Haverinus Schwester. Schaun wir mal, was uns da erwartet. Einen Tagebucheintrag wird es morgen auf jeden Fall nicht geben, weil die Infrastruktur es dort bestimmt nicht mehr hergibt.

 

Donnerstag, 10. Dezember:

Heute fahren wir weiter nach Norden an die angolanische Grenze zu Haverinus Schwester. Schaun wir mal, was uns da erwartet.
Einen Tagebucheintrag wird es auf jeden Fall nicht geben, weil die Infrastruktur es dort bestimmt nicht mehr hergibt.

 

Freitag, 11. Dezember:

Tiefer in Afrika geht fast nicht!

Was für Kontraste in Afrika!

Seit dem letzten Eintrag in unser Tagebuch sind nun ein paar Tage vergangen – was für Tage, voll überwältigender Eindrücke.

Die Fahrt ins Ovamboland zu Haverinus‘ Familie führte uns ins tiefste Afrika, in dem wir bisher waren. Ovambo sind die zahlenmäßig am stärksten vertretene Bevölkerungsgruppe in Namibia, mit 950.000 Menschen stellen sie ca. die Hälfte der namibischen Bevölkerung. Der Ort Ongha liegt ganz im Norden an der angolanischen Grenze. Der Norden von Ovamboland ist ganz flach und wird alljährlich bei starken Regenfällen von den aus Angola kommenden Flüssen überschwemmt. Was einerseits natürlich für die Bevölkerung sehr unangenehm ist, da alles, was nicht etwas erhöht liegt, überschwemmt wird, anderseits die Flut aber den Böden Nährstoffe bringt. Die Städte und Städtchen hier oben haben einen ganz anderen Charakter als die im Süden. Alles wirkt bunter, für unsere Augen vielleicht auch unaufgeräumter, auf jeden Fall improvisierter und nicht für die Ewigkeit gemacht. Man hilft sich eben mit dem, was man hat. Baumärkte sind Fehlanzeige. Hier oben leben kaum noch Weiße und wenn wir irgendwo zum Einkaufen oder Tanken halten, sind wir die einzigen Weißen. Durch Haverinus, der sehr kommunikativ ist, kommen wir sehr schnell mit dem einen oder anderen Passanten ins Gespräch.

Die Fahrt kommt uns dieses Mal sehr lang vor und es ist schon später Nachmittag, als wir endlich in die Nähe der Heimat von Haverinus kommen. Unterwegs gibt es etliche Foto-Stopps, weil Uli immer wieder interessante Fotomotive findet. Wir merken, dass sich Unruhe im Auto ausbreitet und wir bereits sehnlichst erwartet werden, denn Haverinus Handy klingelt andauernd und wir bekommen mit, dass seine Schwester unsere Ankunft bald nicht mehr erwarten kann. Was uns da genau erwartet, wissen wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Wir wissen, dass die Schwester, bei der wir unterkommen, sehr ländlich und sehr einfach lebt und dass unsere Übernachtung ein Bush-Camp sei, wie sich Haverinus ausgedrückt hat. Eine unangenehme Situation haben wir dann auch noch überstanden, als uns die Polizei herauswinkt. Uli ist mit der Radarpistole mit 92 km/h anstatt mit den erlaubten 60 km/h gemessen worden. Wo dieses Schild mit der Geschwindigkeitsbegrenzung stand, konnte uns der Polizist allerdings nicht sagen. In dem Fall ist wie überall auf der Welt diskutieren nicht angesagt. Die „übliche“ Prozedur hier in Namibia in diesem Fall ist aussteigen, Führerschein zeigen, dann am Gerät selbst die zu hohe Geschwindigkeit ablesen, dann zum Polizeiauto gehen, im Strafenkatalog blättern und die entsprechende Strafe gesagt und gezeigt bekommen. Das wären in diesem Fall 300 Nam$ gewesen. Aber auch hier hat Haverinus Redekunst seinen Vorteil gehabt. Schnell war mit dem Polizisten ein Gespräch angefangen und dieser meinte sogar, Haverinus zu kennen. Letztendlich ließ er uns mit einer mündlichen Verwarnung ohne Bußgeld fahren.

Ein paar Kilometer weiter stand dann ein wild gestikulierendes Mädchen am Straßenrand. Paulina, eine Nichte von Haverinus, die uns den Weg zeigen sollte und schon seit ca. 2 Stunden geduldig am Straßenrand auf uns wartete. Warten ist hier in Afrika nichts Ungewöhnliches und die Menschen fügen sich in unendlich lange Stunden an Minibus-Haltestellen, unter Bäumen, vor Geschäften, Banken, usw. Warten könnten wir ungeduldigen Europäer von den Afrikanern lernen. Nicht umsonst behauptet ein Sprichwort, die Europäer haben die Uhr, die Afrikaner die Zeit. Von der Hauptstraße also ging es auf Feldwegen, falls man die etwas breiteren Laufwege so bezeichnen kann, direkt in das „Bush-Veld“. Bald waren es nur noch Fußwege, auf denen wohl noch nie ein Auto gefahren ist. Vorbei an traditionellen Krals – mit Holzpfählen umfriedete Grundstücke, auf denen so ca. 4 – 6 Lehmhütten mit Strohdach stehen.

Kral in Ovamboland Immer weiter ging‘s auf immer unsichtbareren Wegen. Dann kamen wir an einem Brunnen vorbei, an dem junge Mädchen Wasser in große 20-Liter-Kanister füllten und diese wegschleppten.

Nach weiteren 1,5 km, also insgesamt vielleicht ca. 5 km, die einem auf diesem Terrain sehr weit vorkommen, waren wir dann endlich da. Haverinus 3 Schwestern bewohnen ebenfalls einen der oben erwähnten Krals. Ein relativ großes Grundstück von ca. 1200 m² Fläche. Rundum mit Holzpfählen begrenzt, ein kleiner Eingang für Personen und ein größeres Tor für Karren und Eselswägen, in dem Fall für einen Nissan X-Trail. Innerhalb dieser Eingrenzung stehen ca. 7 traditionelle Lehmhütten mit Strohdach. Jeweils mit einer Öffnung, die als Eingang dient, mit so etwas wie einer Türe und sonst keiner weiteren Öffnung oder gar Fenstern oder ähnlichem. Auf dem Gelände steht auch ein gemauertes Haus in Fertiggaragen-Größe, das aber nur dann in Gebrauch ist, wenn der Mann einer der Schwestern 1-2 mal im Jahr nach Hause kommt. Ansonsten spielt sich das Leben im Freien oder in den Hütten ab. Um in die Hütten zu kommen, muss man sich tief bücken, die Höhe der Türöffnung ist nicht höher als 1,2 m. Im Innern kann man aber problemlos stehen. Wie warm und stickig es in so einer Hütte ist, wenn es draußen zwischen 35 - 40 °C warm ist, kann man sich bestimmt gut vorstellen. Es gibt Hütten für verschiedene Zwecke. Manche dienen als Koch- oder Vorratsraum, die meisten davon natürlich als Wohnraum und sogar eine „Gästehütte“ ist vorhanden. Die war für uns gedacht und hatte sogar ein richtiges Bett und eine Art Teppich auf dem Boden.

Kral in Ovamboland Getreidespeicher

Wir wurden unglaublich herzlich begrüßt und Haverinus hat uns alle vorgestellt. 2 von den 3 Schwestern, die den Kral bewirtschaften, waren da, Hendrina und Fresiana und jede Menge Kinder und Jugendliche. Teilweise auch Kinder aus der Nachbarschaft. Es ist ein Ereignis, wenn ein Auto in diese abgelegene Region kommt. Wenn dann auch noch weiße Menschen aus dem Auto aussteigen, ist die Sensation perfekt. Es wurden schnell ein paar Plastikstühle und Bänke in der Mitte des Krals aufgestellt und wir wurden aufgefordert, Platz zu nehmen. Haverinus fungierte als Dolmetscher und hatte alle Hände voll zu tun, dem Sprachenmischmasch Herr zu werden. Die Einheimischen sprechen die Stammessprache Oshivambo, wir natürlich nur Englisch und Haverinus und Erna sprechen ja zusätzlich noch Afrikaans. Aber irgendwie hat die Verständigung ganz gut geklappt. Die jüngeren Mädchen Paulina, Helena und Maria (Nichten von Haverinus) konnten auch ganz gut Englisch und auch Lazarus, sein kleiner Neffe, spricht Englisch, ist aber eher schüchtern. Haverinus übersetzte uns, dass alle ganz aufgeregt seien, weil sie bisher den weißen Menschen noch nie so nahe gekommen seien. Ob sie unsere Haut mal anfassen dürften. Natürlich haben wir das gerne zugelassen und so war es gleich ein großes Hallo und das Eis war mit diesem „very personal close-up“ gleich gebrochen. Es endete damit, dass wir im Wechsel alle auch mal in den Arm nahmen und so saßen sie dann und wollten nur umfasst werden.

Von irgendwoher übersetzte uns Haverinus, dass man überrascht sei, dass unsere weiße Haut so weich sei, man hatte gedacht, die sei viel härter.
Über solche Vermutungen kann man sich nun Gedanken machen oder es auch sein lassen, auf jeden Fall berührten und bewegten uns diese Begrüßungsstunden unglaublich. Es überraschte uns, dass diese Menschen in einem ehemaligen von Weißen beherrschten Land noch keinen Kontakt mit ihnen gehabt haben. Denn es leben ja nach wie vor sehr viele Weiße in Namibia, aber eben vorwiegend in südlicheren Gefilden. Und wie wir später dann im Gespräch mit Haverinus auch erfuhren, gibt es wirklich so gut wie keine Kontakte zwischen schwarz und weiß, wenn sie nicht beruflicher Natur bedingt sind und nicht vermieden werden können.

Uns wurden dann auch reihum die Kinder mit Namen vorgestellt, manche mit einheimischen Namen, die wir kaum aussprechen geschweige denn uns merken konnten, aber das Highlight an außergewöhnlicher Namensgebung stand uns noch bevor.
mal weiße Haut anfassen

Hendrinas jüngster Sohn, 9 Monate alt, heißt doch tatsächlich DavidBeckham. Alles in einem Wort. Wir konnten es anfangs gar nicht glauben, aber es ist sein Vorname. Der Vater muss diesen Namen bei einer Fußballreportage in einer „Shebeen“, den Kneipen im südlichen Afrika, aufgeschnappt haben und er hat ihm wohl gefallen. Könnt Ihr euch vorstellen, wie witzig wir diesen Namen fanden? Wir haben uns gar nicht mehr eingekriegt vor Lachen und so war es ein buntes Sprachen- und Gelächterwirrwarr, das die ersten schüchternen Momente auf beiden Seiten in Wohlgefallen auflöste. Wir konnten uns gar nicht mehr beruhigen: Wir sind mitten im tiefsten Afrika und da ist ein Säugling, der DavidBeckham heißt. Viele der anderen Namen sind deutscher Herkunft, was dem deutschen Einfluss während der Kolonialzeit geschuldet ist.

Hendrina Haverinus, Davidbeckham, Hendrina und Paulina Christina und Davidbeckham

Später am Abend wurde dann gekocht. Wir haben wieder, wie wir das nun schon öfters praktiziert hatten, Grundnahrungsmittel als Gastgeschenk mitgebracht. Im Wesentlichen Maismehl, Zucker, Reis, Maccharoni und einfache Kekse für die Kinder. Und zusätzlich haben Erna und Haverinus noch für das gemeinsame Abendessen eingekauft, da wir der Schwester die finanzielle Last für den „hohen Besuch aus Deutschland“ abnehmen wollten.

Gekocht wird im Freien über dem offenen Feuer mit dem üblichen 3-füßigen gusseisernen Kochtopf, dem sogenannten Potje. Fürs Essenkochen waren die drei jugendlichen Mädchen Paulina, Maria und Helena zuständig, aber schon nach kurzer Zeit hat sich Christina in der ihr üblichen schnellen Art beim Zwiebelschälen, Paprika- und Karottenschneiden nützlich gemacht. Das war für die Mädchen ungewöhnlich, aber sie haben die Hilfe gerne angenommen. Im einen Topf wurde der Reis gekocht, im anderen eine Art Gemüseeintopf mit „Chicken“, also Hähnchenschlegeln. Es hat wirklich super geschmeckt und war nicht nur für uns, sondern auch für die Familien von Hendrina und Fresiana ein wahres Festessen. Das „normale“ Essen besteht im Kral aus Maisbrei, dem „milliepap“ oder Hirsebrei, manchmal mit irgendeiner Einlage oder Gemüse-angereicherten Sauce, meistens aber „plain“, also einfach nur so. Und das zu jeder Mahlzeit. Uns Gästen wurde zum Essen sogar ein kleiner Plastiktisch mit Tischtuch und Papptellern angeschleppt, alles sollte für uns so fein und gut wie nur möglich gemacht werden. Es war uns – wie Ihr Euch sicher vorstellen könnt – aber eher unangenehm, so bewirtet zu werden, während die anderen aus irgendeinem Gefäß ihr Essen zu sich nahmen.

Vor dem Essen wurden uns ein Eimer mit Wasser und ein Tuch gereicht, damit wir uns die Hände waschen konnten vor dem Essen. Dann wurde in Oshivambo gebetet und für das Essen gedankt (90 % der Ovambos sind Christen), selten ist uns wohl ein Dankesgebet für das Essen so nahe gegangen wie an diesem Abend.

Während des Abends kamen immer wieder Nachbarn vorbei, um die seltsamen Gäste zu begutachten. Über den sogenannten Buschfunk hatte sich schnell herum gesprochen, dass in Hendrinas Kral etwas nicht mit rechten Dingen zuging. Eine alte Frau kam mit einer großen Schüssel auf dem Kopf balancierend, um uns Hallo zu sagen. Kleiner Small Talk, bei dem wir erfahren, dass auch sie zum ersten Mal weiße Menschen ganz nah sieht und sie irgendwie darüber aus dem Häuschen ist. Als sie in den Kral kommt und uns sieht, ist sie regelrecht erschrocken, schlägt die Hand vor den Mund und Haverinus übersetzt für uns, dass ihr erster Ausruf gen Himmel ist „oh je, was habe ich nur Schlimmes getan?“ Später genießt sie dann unsere Nähe und bietet uns sogar an, sie „Oma“ zu nennen, das ist hier die Bezeichnung für alle älteren Menschen, die Oma, Tante oder Ähnliches sein könnten. Einen speziellen Namen für das Wort „Tante“ gibt es z.B. nicht und so hört man, wie wild über den Kral in jede Richtung „Oma“ gerufen wird. Am anderen Tag wird auch Christina diesen Namen bzw. diese Respektsbezeugung verliehen. Rebecca, unsere „neue Oma“ ist allerdings gar nicht alt nach unserem Verständnis, „nur“ 67 Jahre. Wir hätten sie wahrscheinlich rund 20 Jahre älter geschätzt, von ihren Falten und Furchen im Gesicht ausgehend. Aber mit diesem Alter ist sie bereits älter als die meisten Menschen hier. Das Durchschnittsalter in Namibia beträgt derzeit 56 Jahre.

tanzen für die Gäste Nach dem Essen gab es dann für uns auch noch eine Gesangs- und Tanzaufführung der Frauen und Mädchen. Dafür gingen sie alle in ihre Hütten und legten ihre besten Kleider und  Röcke an, während sie vorher, den harten Bedingungen im Kral geschuldet, eher burschikos in einfachen Kleidungsstücken uns begrüßt hatten. Es war ein richtig lustiger Abend, zusammen tanzen

vor allem als Christina versuchte, die Tänze mitzumachen, wurde herzlich gelacht.

Zwar nicht schlecht für den Anfang, aber uns Weißen fehlt einfach der afrikanische Rhythmus im Blut. Immerhin wurde ihr hoch angerechnet, dass sie es versucht hat. Später haben wir dann noch für sie einen Foxtrott vorgetanzt, wobei das barfüßig auf dem staubigen Kralboden bestimmt lustig anzusehen war und wir auch ziemlich nervös waren. Wir wollten eben gerne etwas zurückgeben von der Freude, die uns bereitet wurde. Insgesamt haben wir uns sehr willkommen gefühlt und wir haben gemerkt, dass auch für die Frauen und Kinder unsere Anwesenheit etwas ganz Besonderes ist. Das zeigte auch eine spannende Diskussion, die sich anschließend ans Tanzen und Essen entfaltete. Wir baten Hendrina und ihre Familie, uns alle Fragen zu stellen, die sie gerne beantwortet hätten. Und derer gab es wirklich viele. Wir haben sie auch alle sehr ernsthaft und ehrlich beantwortet, auch die Frage nach einem deutschen Durchschnittsgehalt ließen wir nicht unbeantwortet. Die großen Augen, die der gigantischen Summe von 20.000 Nam$ folgten (ein Monatslohn in Namibia für die, die eine Vollzeit-Arbeit haben, liegt ca. bei 1000 Nam$, also 100 €. Wohlgemerkt bezieht sich das nur auf die, die in regelmäßigem und ständigem Arbeitsverhältnis stehen, davon gibt es leider auch in Namibia nicht so viele wie arbeitsfähige Menschen). Wir ließen dann aber auch nicht locker und erzählten von den Kosten in Deutschland, z.B. was ein Führerschein bei uns kostet. Das brachte Hendrina zwangsläufig zu der Annahme, dass es in Deutschland nur wenige Autofahrer gibt. Als wir ihr lachend das Gegenteil erzählten, wollte sie es kaum glauben. Auch die Tatsache, dass wir ein vergleichsweise funktionierendes Gesundheits- und Bildungssytem haben, ließ Hendrina zu der Ansicht kommen „Germany is a really rich country!“ (Deutschland ist wirklich ein reiches Land). Konnten wir dem widersprechen? Dann unterhielten wir uns noch  über Gleichberechtigung von Frauen und Männern und die Beherrschung der afrikanischen Kultur durch die Traditionen. Und wir lernten dabei, dass diese Menschen weit draußen im Busch wirklich nicht dumm sind, auch wenn sie vielleicht nicht mit den gleichen Schulabschlüssen wie wir glänzen können. Es will ihnen einfach niemand zuhören, obwohl sie so viel zu sagen hätten. Der Abend klang in leichter werdenden Themen aus und alle miteinander hatten wir wirklich riesigen Spaß. Um ca. 22 Uhr, es war bereits seit 2 Stunden dunkel (Beleuchtung eine Kerze und eine Petroleumlampe) wurde der Abend beendet und wir haben uns für die Nacht in unsere Hütten verabschiedet.

In unserer Hütte angekommen, war uns doch irgendwie mulmig zumute. Wie würde die Nacht werden – es war einfach ungewohnt. Bei offener „Türe“ haben wir uns dann hingelegt. Im Innern der Hütte war es extrem warm und stickig. Wir dachten nicht, dass wir überhaupt würden schlafen können. Die Müdigkeit hat uns dann aber doch übermannt und wir haben dann doch ganz gut geschlafen. Die extra von Haverinus und Erna mitgebrachte Decke haben wir jedoch nicht gebraucht, es war einfach nur heiß. Auch das Grollen des in der Ferne herunterkommenden Gewitters machte die Situation in der Hütte zu einer „Hautnah-Experience“, aber der dadurch ein wenig durch die Hütte ziehende frische Wind brachte Erleichterung. Morgens um 6.30 Uhr ging das Leben im Kral dann wieder los, als der Hahn seinen Weckrufdienst pünktlich und unerbittlich versah. Zum Frühstück hat man uns dann „unser“ Essen präsentiert, Brot und Käse und Wurst. Alle waren so bemüht, es uns so angenehm wie möglich zu machen und wir haben uns wirklich auch bestens versorgt gefühlt.

Nach dem Frühstück hat dann Christina wieder ihre Farben und Papier ausgepackt und sie hat allen Bewohnern des Krals ihre Namen farbig gestaltet. Das war ein Hallo und alle sind ganz gespannt und interessiert um Christina herum gestanden. Die Kalligraphie-Session dauerte bestimmt 2,5 Stunden und war für die Menschen etwas ganz Besonderes, das konnte man ihnen abspüren. Farbe und Papier kennen die Kinder nur aus der Schule und eine künstlerische Beschäftigung mit dem Medium kann nicht stattfinden. Schulbildung ist auch hier in Namibia nicht selbstverständlich, weil für die Schule eine Schulgebühr fällig ist. Wenn sie für unsere Verhältnisse auch nur gering ist, für die Landbevölkerung mit praktisch null Einkommen aber unerschwinglich. Dazu kommt wie überall im südlichen Afrika die obligatorische Schuluniform. Selbst wenn eine Grundschulausbildung möglich ist, eine weiterführende Schule ist meist unerreichbar. Da diese auf jeden Fall weiter weg ist von zuhause und damit noch zusätzlich zu den dann höheren Schulgebühren auch noch Kosten für Unterkunft und Verpflegung hinzukommen. Und so schließt sich dann meist der Kreis, dass die jungen Menschen dann doch im Kral bleiben und eine eventuelle Ausbildung und damit vielleicht die Möglichkeit auf einen Job unerreichbar bleiben. Uns ist klar, dass nur mit Hilfe von außen dieser Kreis aufgebrochen werden kann und dass Bildung die absolute Grundlage für eine Verbesserung der Lebenssituation ist. Das ist übrigens auch Hendrina und ihren Verwandten klar, denn über allem Unverständnis über unsere unvergleichlichen Vermögensverhältnisse war ihr doch das wichtigste Anliegen, dass die Kinder eine Ausbildung bekommen sollten, damit sie es mal besser haben als sie selbst.
 

unser Schlafplatz ...
Kalligraphie Session Die Werke, ihre Besitzer, die Künstler So haben wir Hendrina für ihren Säugling DavidBeckham zugesagt und ebenso für die kleine Tochter ihrer jüngsten Schwester für die Schulgebühren aufzukommen, wenn das auch noch einige Jahre in der Zukunft liegt. Auch Peneafo ist erst wenige Monate alt, aber das Gefühl, sich um diesen zentralen Punkt im Älterwerden der Kinder nicht mehr sorgen zu
müssen, schlug in hohen Emotionen voll auf uns über.
Ihre Freude und Erleichterung hättet Ihr sehen sollen, als ihr Haverinus unser Angebot in Oshivambo übersetzte, denn obwohl Hendrina ein reichlich verständliches Englisch spricht, war uns wichtig, dass dieser für sie wichtige Punkt eindeutig in ihrer Sprache verstanden ist. Für zwei der älteren Kinder (Maria und Lazarus) steht auch der Wechsel

Christina erklärt die Welt

Bilder aus Deutschland anschauen
auf eine höhere Schule an und damit entsprechende Kosten. Auch hier ist unser Engagement

gefragt und wir haben unsere Bereitschaft zur Unterstützung kund getan. Eines der Hauptziele unserer Initiative „share for life“ ist Bildung und wir können damit die Grundlagen für ein besseres Leben legen.
 
Kurz vor Abschied wurde es dann noch vorgezogene Weihnachten. Christina füllte eine große überdimensionale Schüssel, die hier im Kral zu so manchem dient, mit den vielen bunten Kleinigkeiten, die wir aus Deutschland mitgebracht haben. Kleine Kinderspielzeuge, Kaleidoskope, Taschen für die Frauen, eine Wanne voller kleiner Geschenke
bebilderte Tempo-Taschentücher, deutsche Schleckbrause, deutsche Schokolade, kleine bemalte hölzerne Christbaumfigürchen, ach es gab vielerlei Kleinigkeiten.

Und genauso groß war das Halli-Hallo, sie konnten ihr Glück über die wunderbaren Geschenke gar nicht fassen. Und Lazarus hat einen von unseren Fussbällen erhalten und der wurde gleich vom Jungvolk im Kral eingeweiht. Auch die Botschaft von Jesu Kommen zu Weihnachten und seiner Liebe für die Menschen wurde mit inniger Aufmerksamkeit aufgenommen. Zwar nichts Neues für die Menschen hier, die zumeist der evangelisch-lutherischen Kirche angehören, aber vielleicht erschien ihnen die Botschaft von der Zusammenführung als internationale Familie angesichts der zurückliegenden Stunden ein wenig greifbarer. Für uns scheint das Leben hier im Kral unendlich mühsam, ohne Wasser, ohne elektrischen Strom. Für die 3 Schwestern besteht es fast nur aus der Aufgabe, für die Ernährung der  Familie zu sorgen. Auf den Feldern rings um den Kral wird Hirse angebaut. Die Feldarbeit machen die Frauen alleine, nur für das Pflügen der Felder bekommen sie Hilfe aus dem Dorf. Der Tagesablauf ist bestimmt durch die Zubereitung der Nahrung und die sonstigen Pflichten rund um den Anbau und die Ernte der Hirse und sonstigen Getreides. Die Vorräte an Getreide werden in speziellen Speichern aufbewahrt. Diese sehen aus wie riesige Körbe, die auf Holzstelzen stehen und ein Strohdach haben. Auch die Kinder und die Jugendlichen müssen selbstverständlich mithelfen, spielen gehört hier zu den absoluten Ausnahmen. Zum Beispiel sind die Mädchen für das Wasserholen zuständig. Dazu müssen sie zu dem ca. 1,5 km weit entfernten Brunnen laufen. Dazu nehmen sie Kanister mit 20 ltr. Fassungsvermögen mit auf den Weg. Für uns unvorstellbar, dass diese zierlichen Mädchen dann die Behältnisse über eine so weite Distanz zurückschleifen. Uli konnte in diesem Fall mit dem Auto aushelfen und es entbrannte eine kleine Diskussion, wer denn mitfahren dürfe, denn Autofahren ist natürlich etwas Besonderes. Am Brunnen selbst war Uli mit der Kamera dann natürlich auch umlagert von den vielen anderen Kindern, die zum Wasserholen oder zum Waschen der Kleidung an der Wasserstelle waren. Es ist etwas Besonderes für die Menschen hier, fotografiert zu werden und das Bild dann auf der Rückseite der Kamera anschauen zu können.

Der Abschied von der so gastfreundlichen Großfamilie der 3 Schwestern fiel uns unendlich schwer und wir haben versprochen, so bald wie möglich wieder zu kommen. Dann mit mehr Zeit. Es war eine unglaublich intensive Zeit, die uns in der Tiefe unserer Anteilnahme erreicht und aufgewühlt hat wie wenig anderes zuvor. Die Menschen spürten unser Interesse und wollten uns gerne noch so viel aus ihrem Leben zeigen. Und Christina hat versprochen, beim nächsten Mal ein bisschen deutsche Küche aufzufahren, was angesichts der 2 Feuerstellen und gusseisernen Potjes sicher ein Erlebnis für alle werden wird. Es ist uns ein Bedürfnis, mehr von diesen Menschen zu erfahren. Bestimmt können wir für unser Leben manches bei ihnen lernen. Uns sind Hendrina und Fresiana und ihre Kinder und Verwandte wirklich ans Herz gewachsen. Ohne die Hilfe von Haverinus und Erna wäre diese Begegnung nicht möglich gewesen. Die kulturellen und auch die sprachlichen Barrieren sind immens. Diese sehr intensive Zeit hier im Kral wird uns aber für immer erhalten bleiben. Und noch Tage nach der Begegnung lachen wir bei dem Gedanken, dass mitten im namibischen Busch ein kleiner Junge aufwächst, dessen Vorname DavidBeckham ist.

 

Samstag, 12. Dezember:

Afrika aus Touristensicht – eine schwarz-weiße Familie reist durch Namibia

Nach den eindrücklichen Erfahrungen im Ovamboland sind wir mit unseren Freunden Haverinus, Erna und Taleni in den Etosha Nationalpark weitergereist. Es ist für uns beide, aber auch für die drei waschechten Namibier, ein besonderes Erlebnis, die einheimischen Tiere hier so nah und direkt erleben zu können. Der Park umfasst ein großes Gebiet, in dem die Tiere frei und wild leben. Die Etoscha-Pfanne ist eine Salzpfanne, die sich zu wenigen Zeiten im Jahr nach ergiebigen Regenfällen mit Wasser füllt. Ein riesiges Gebiet, das man tagelang mit dem Auto durchstreifen kann, ohne das Gefühl zu haben, man wäre schon mal da gewesen.

Kaum innerhalb der Parkgrenzen angelangt, hatten wir unser erstes Tiererlebnis. Ein großer Elefantenbulle stand gleich neben der Schotterpiste am Wasserloch. Elefanten gehören zu unseren Lieblingstieren, es ist einfach toll, sie zu beobachten. Die großen Dickhäuter, die einem aus der Ferne so schwer, unbeweglich und wuchtig vorkommen, legen ein Bewegungs-Geschick an den Tag, das einem die ganze Bandbreite von schierer Bewunderung bis zu schallendem Gelächter über die putzigen und akrobatischen Posen beschert. Bis zu unserer Unterkunft im Park, dem Halali Rest Camp, hatten wir noch rund 130 km zurückzulegen, eine ganze Menge auf einer Schotterpiste, die man maximal mit 60 km/h befahren darf, eher aber noch langsamer fährt, um die Tiere am Wegesrand und im Busch-Dickicht nicht zu übersehen. Während wir also auf unserer Fahrt waren, scherzten wir mit Haverinus noch und erinnerten ihn daran, dass wir bei ihm die Sichtung eines Löwenrudels geordert hätten. Haverinus hat einen sehr feinen und schlagfertigen Witz und konterte sogleich, dass die Löwen bestellt seien und nicht mehr lange auf sich warten ließen, schließlich hätte er ja mit dem Elefanten auch Wort gehalten. Und tatsächlich geschah dann alles sehr schnell. Das Highlight einer jeden Safari war uns bereits an diesem ersten Tag vergönnt, nur wenige Momente nach unserer Witzelei darüber. Ein Rudel Löwen, direkt am Wegesrand und wirklich ganz nah. Das war eine Aufregung im Auto und auch Taleni war ganz aus dem Häuschen. Die Löwen passierten uns auf der Straße und erwiesen sich tatsächlich als Majestäten von hohem Rang. Wer einen Löwen beim majestätischen Gehen beobachten kann, fragt sich nicht mehr, woher gekrönte und ungekrönte Häupter weltweit eigentlich wissen, wie man majestätisch vor sich hin schreitet. Wir konnten uns wie immer fast nicht los reißen. Aber irgendwann ruft dann doch die Vernunft, denn pünktlich mit Sonnenuntergang schließen die schützenden Tore an den Camps und wenn man nicht auf der richtigen Seite des „Gates“ landet, hat man ein echtes Problem (so bereits erlebt auf unserer Reise 2007/2008), denn die Alternative zur richtigen Seite lautet „die Nacht mit den Tieren auf

der „falschen“ Seite verbringen. Auf dem weiteren Weg haben uns noch viele weitere Tiere „Hallo“ gesagt, jede Menge Zebras, Giraffen, Gnus, Springböcke, Impalas, Schakale, auch zwei Hyänen, um hier nur ein paar der bunten Gala stellvertretend zu nennen. Im Rest Camp kamen wir gerade rechtzeitig an, denn auch hier werden, wie schon erwähnt, die Tore zur Nacht geschlossen. Mit einem Abendessen in der Lodge und einem Besuch am nächtlich beleuchteten Wasserloch ging unser erster Tag im Park zu Ende. Wir wollten gerade das unbevölkerte Wasserloch verlassen, als ein „Rhino“ (gesprochen reino) = Nashorn mit Nachwuchs auftauchte. Was für ein Abschluss eines wirklich gelungenen Tages.

Den zweiten Tag im Park nutzten wir für Touren durch den westlichen Parkteil. Auch heute blieb uns das Glück hold „und Haverinus hielt sich an unsere Bestellliste“. Ein Nashorn kreuzte unseren Weg und präsentierte sich als tolles Fotomotiv auf freiem Feld, was recht selten vorkommt. Zumeist treiben sich die Rhinos im Busch-Dickicht rum und man hat Mühe, sie ordentlich vor die Kamera zu bekommen. Dieses wollte gerne eine Ausnahme für uns machen.
 
Dazu kamen auch heute wieder Elefanten, Giraffen (diese immensen Tiere mit den wunderschönen Augen und den 17-kg-schweren Herzen, deshalb auch Christinas Lieblingstiere) und viele andere Parkbewohner, die wir sonst nur aus dem Zoo kennen. Eine Tüpfelhyäne hat sich auch gezeigt und mal wieder bestätigt, dass sie nicht gerade zu den Schönheiten der Tierwelt gehört.
 
Doch den Höhepunkt dieses Tages lieferte für alle im Auto ein anderes Tier. Ganz nah am Weg konnten wir einen Leoparden ausmachen, der dort in Seelenruhe aus einer Pfütze trank. Was für eine unbeschreiblich erhabene Erscheinung, die sogar seiner Majestät, dem Lion King, echte Konkurrenz macht. Echt mit Gänsehautfaktor. Er war uns so nah und ist doch so selten zu sehen. Uli konnte sich mit Fotografieren gar nicht mehr bremsen und es sind tatsächlich tolle Bilder geworden. Noch nie zuvor hatten wir dieses Glück, man nennt sowas eine „once in a lifetime“-Begegnung, etwas, das einem vielleicht nur einmal im Leben so widerfährt. Es war ein wirklich unbeschreiblich schönes Erlebnis.
 

 

Über die Mittagszeit sind wir raus aus dem Park zu unserem Nachtlager gefahren, um die Mittagshitze mit einer Ruhepause zu nutzen. Die hat Christina aber nur zur Ruhe vom  Fahren genutzt und sich wieder ihrer Kunst gewidmet. Für unsere Freunde wollte sie zum bevorstehenden Abschied noch etwas kalligraphieren.

Zum Abend-Drive haben wir uns die westliche Seite der Etosha-Pfanne vorgenommen und sind mit sehr stimmungsvollen Landschaftsbildern (Afrika aus dem Lehr- und Bilderbuch) und wieder mit einem Rudel Löwen belohnt worden. Ganz besonders spannend dieses Mal, weil sie gerade dabei waren, eine Herde Gnus anzugreifen und die Anspannung der Löwen förmlich sichtbar, nein eher spürbar war. Die Gnus haben die Gefahr jedoch rechtzeitig erfasst und sind auf und davon. Die Löwen, es waren bestimmt 15 oder 20, sind dann etwas konsterniert herum gestanden, vielleicht waren sie auch nur einfach faul. Es waren auch 3 prächtige Männchen mit Mähne dabei. Was für ein Bild.
 


 

 

 

 
Ganz zum Schluss hat uns dann noch ein Schakal-Junges in seinen Bann gezogen. Es war wirklich noch ganz klein, konnte kaum richtig laufen und hat sooooooooooooo süüüüüüüs ausgesehen. Die beiden Eltern waren auch in der Gegend, haben sich aber nicht so richtig in die Nähe des Autos begeben, sondern die Szene wachsam und „cool“ aus der Ferne beobachtet. So konnten wir in aller Ruhe beobachten, bis der kleine Schakal schließlich im Bau verschwand.
 

 

Sonntag, 13. Dezember:

Heute nun ging unsere Woche mit den 3 Freunden zu Ende. Nicht jedoch, bevor die sehr frühen Morgenstunden noch für eine letzte Tierpirsch im Etosha-Park genutzt waren. Diesmal war uns das „Jagdglück“ nicht so hold und wir sahen nur „gewöhnliche“ Tiere wie Giraffen, Zebras, Springböcke usw. Da sich die beiden namibischen Damen nicht fürs frühe Aufstehen begeistern konnten, nutzten wir die Zeit mit Haverinus alleine noch einmal für ausgedehnte Gespräche und Unterhaltungen. Es ist so unendlich bereichernd, Menschen mit einer so anderen Kultur kennenzulernen und sich doch über alle kulturellen Schranken hinaus so nahe zu kommen, wie uns fünf das miteinander gelungen ist. Für Christina und Uli ist das das Schönste am Reisen, wenn ein solch inniger und intensiver Kontakt zustande kommt. Hier kann sich Christinas Fähigkeit, auf andere Menschen zuzugehen und mit ihnen ins Gespräch zu kommen, voll entfalten. Erst dadurch werden unsere Reisen neben dem „Sightseeing“ zu wirklich eindrücklichen und auch verändernden Ereignissen. Für ihren Verdienst dafür und für ihre umfangreiche Reiseapotheke, die schon einige Male in den letzten Tagen Anwendung fand, hat Uli Ihr den Titel BC-Dr. Christina (Bush- und Communications-Doktor) verliehen.

Nach einem ausgiebigen Frühstück in der Lodge mit einem fantastischen Ausblick auf die Weite des Etosha-Gebietes mit seinem ausgedehnten Mopane- und Akazien-Buschwerk ging es so langsam ans Packen für die gemeinsame Rückreise bis Otjiwarongo. Apropos Mopane-Bäume. Diese dienen der einheimischen Bevölkerung als wichtige Nahrungsquelle. Nicht der Baum an sich, sondern ein darauf lebender Bewohner. Die Mopane-Raupe ist ein sehr sehr wichtiger Eiweißlieferant. Sie ist die Raupe eines Schmetterlings und wird von der Bevölkerung sackweise von den Bäumen geschüttelt, eingesammelt und dann geröstet bzw. getrocknet und damit haltbar gemacht. Bis zur nächsten Saison bildet sie eine wichtige und für die Einheimischen wohlschmeckende Delikatesse. Wir Europäer können uns das nicht so richtig vorstellen, aber auf unserer vorletzten Reise in Botswana hatten wir schon einmal das Vergnügen, die gerösteten Tiere probieren zu können. Und wir müssen bescheinigen, dass es gar nicht so schlecht schmeckte, wenn man sich nicht direkt vorstellte, was man aß. Es hatte so das Aussehen von etwas größeren Erdnuss-Flips und hatte auch irgendwie den gleichen Geschmack und eine ähnliche Konsistenz. Also alles in allem eine gar nicht so schlimme Erfahrung. Wem also mal Mopane-Raupen angeboten werden, muss davor wirklich nicht zurückschrecken, es sei denn, er findet auch Erdnuss-Flips schrecklich.
 
Uns war allen schon im Vorfeld des Abschieds sehr mulmig zumute, seit Tagen tauchte das Thema immer mal wieder auf und wir hatten gut daran getan, rein thematisch immer mal wieder daran zu arbeiten und uns darauf einzustellen. Sogar der sonst eher cool wirken wollende Haverinus hatte schon am Vorabend ausdrücklich erwähnt, dass er schon wisse, dass er sich am nächsten Tag nicht „wie ein richtiger Mann benehmen könne“. Aber auch alle anderen 4 hatten ihre liebe Not in diesen Augenblicken, die Tränen in Anbetracht des Unausweichlichen zu verdrücken. Wir haben uns in den Tagen wirklich ganz arg lieb gewonnen und einander sehr schätzen gelernt. Wir beide, aber auch die 3 Namibier, haben viel voneinander gelernt. In unzähligen und offenen Gesprächen hat es wohl kein Thema gegeben, das wir nicht zumindest angeschnitten haben. Haverinus ist ein sehr gebildeter und informierter Zeitgenosse und hat in Uli, der sich auch sehr für Politik und sonstige Infos interessiert, einen passenden Diskussionspartner gefunden. Und vor allem die kleine Taleni hat es uns angetan. Sie ist so ein aufgewecktes und hübsches Kind und hat unsere Herzen im Sturm erobert. In all den Tagen wich sie Christina keinen nur möglichen Moment von der Seite und hat die Aufmerksamkeit, die ihr so exklusiv zu Teil wurde, in vollem Umfang genossen. Taleni und Christina
 

Uns allen fiel der Abschied sehr schwer, wissen wir doch, dass für längere Zeit ein Kontakt nur über Telefon und sms möglich ist. Uns tröstet, dass wir nun wirklich eng verbunden sind und beide Seiten schon bewiesen haben, dass auch über 2 Jahre ein Kontakt Bestand haben kann. Mit diesen Tagen ist bestimmt der Grundstein für eine hoffentlich andauernde Freundschaft gelegt.

So wurde die abschließende zweistündige Autofahrt zu dem Platz, an dem unsere Freunde eine Woche zuvor ihr Auto abgestellt hatten, zu einer für uns alle ziemlich schwierigen Zeit. Wir haben es dann doch irgendwie mit „Anstand und Würde“ geschafft, auch diese letzte Zeit noch zu nutzen.

Den Abschied an sich haben wir dann aber sehr kurz gehalten. Uns allen hat das wirklich viel abverlangt. Zu sehr haben wir uns gegenseitig ins Herz geschlossen und die Strecke Deutschland-Namibia kann man halt leider nicht nur für ein schnelles Wochenendtreffen überwinden.

Erna, Taleni und Haverinus
 

Vor allem die kleine Taleni hat es hart getroffen, ihre neue Freundin Christina, ihrer Giraffenschwester, jetzt wieder hergeben zu müssen. Für ein Kind mag das noch schwerer sein als für uns Erwachsenen. Die Giraffe ist das Symbol der Freundschaft zwischen Taleni und Christina, weil die Giraffe das vorher schon erwähnte, so große Herz von bis zu 17 kg hat. Das braucht dieses majestätische Tier deshalb, damit alle „abgelegenen“ Körperteile gut mit Blut versorgt werden. So geht jetzt eine kleine Holzschnitzerei mit zwei sich umschlängelnden Giraffen mit Taleni in den südlichsten Teil Namibias, damit sie Taleni an ihre neue Freundin in Europa erinnern möge.
Taleni mit ihren Giraffen als Freundschaftssymbol
 
Von den Eltern wissen wir inzwischen über die sich anschließenden Telefonate, dass sich Taleni in den ersten Tagen nach dem Abschied gar nicht auf ihre neuen Freunde aus Europa ansprechen ließ, zu groß war wohl der Abschiedsschmerz. Originalton Taleni: „Leave me alone, I don’t want to talk about Christina and Uli, it makes me crying“ (Lass mich in Ruhe, ich will nicht über Christina und Uli sprechen, weil ich dann heulen muss.) Abschied

Christina und Uli sind danach zu einer einwöchigen Rundreise ins wilde, einsame Damaraland aufgebrochen. Ein paar Tage für sich sein, auftanken und auch noch die aus Europa mitgebrachte Erschöpfung aufarbeiten, wozu in den ersten Tagen mit den 3 namibischen Freunden glücklicherweise keine Gelegenheit war, stand auf dem Plan. Wir haben die unbeschreiblich schöne Landschaft sehr genossen, haben weite Strecken auf Schotterpisten zurück gelegt, wo einem stundenlang keine Menschenseele und auch kein entgegenkommendes Auto begegnet und haben uns dann abends in jeweils schönen Unterkünften dem afrikanischen Sonnenuntergang bei einem Glas südafrikanischen Wein ergeben. Darüber aber dann bald mehr.

 

Sonntag, 13. – Montag, 21. Dezember:

Christina + Uli Touring Damaraland / Namibia

Vingerclip

Nach den wunderbaren Tagen mit unseren Freunden Haverinus, Erna und Taleni sind wir zu einer Rundreise ins wilde und einsame Damaraland aufgebrochen. Wir haben uns schon lange sehr darauf gefreut und diese Tage nur für uns kamen gerade zur rechten Zeit. Die Tage mit unseren Freunden im Norden Namibias waren so angefüllt mit Begegnungen und auch emotional sehr anstrengend, so dass wir uns gerade nach dem weiten und wüstenartigen Stammesgebiet des Volkes der Damara gesehnt haben, um diese vielen Eindrücke zu ordnen und zu verdauen. Das Damaraland beginnt nördlich von Swakopmund und erstreckt sich von dort nach Norden bis zum Kaokoveld und in Ost-West-Richtung vom Atlantik mit der wunderbaren Skeleton-Coast rund 200 km nach Osten. Im ganzen Gebiet östlich von Outjo gibt es nur ganz wenige, meist sehr kleine Orte und verstreut liegende Farmen, die dem trockenen Boden der halbwüstenartigen Gegend einen Ertrag abzuringen versuchen. Und es gibt über das ganze Gebiet verteilt Lodges, die teilweise aus Farmen entstanden oder sich eben an besonders schönen Punkten angesiedelt haben. Wir hatten uns einen Strecke von ca. 1500 km (??) vorgenommen, wobei wir darauf geachtet haben, an besonders schönen Stellen zwei Nächte zu bleiben, um auch mal nicht jeden Tag weiterreisen zu „müssen“.

Unser erster Anlaufpunkt war die Gegend um die Vingerclip. Diese ist nur ca. 200 km von Okahandja entfernt, dem Ort, wo wir uns von unseren Freunden und Reisepartnern der ersten Woche trennen mussten. Die größeren Straßen in diesem Gebiet sind wie überall in Namibia meist nur Schotterpisten, die Kleineren ja sowieso, so dass auch 200 km mit entsprechend vielen Foto-Stopps eine gehörige Zeit in Anspruch nehmen. Dennoch sind wir am Nachmittag an unserem Ziel angekommen. Die Vingerclip ist eine Felsnadel, die frei in einer Ebene steht, die von steil abfallenden Felswänden umschlossen wird. Es gibt auch einige größere „Inseln“, die sich wie kleine Tafelberge aus der Ebene erhöhen. Man muss sich diese Gegend ein bisschen wie eine Mischung aus Monument Valley und Capital Reef Nationalpark in den USA vorstellen. Es ist sehr schöne Gegend und außer den 2-3 Übernachtungsmöglichkeiten, die es hier gibt, menschenleer. Wir konnten einen tollen Sonnenuntergang auf einem der Plateaus erleben und ein Abendessen mit Aussicht einnehmen. Aber fast das Tollste in so einsamen Gegenden wie hier sind der nächtliche megastarke Sternenhimmel und die Ruhe, die sich bei Einbruch der Nacht über das Gebiet legt. Man hört nur noch den Wind und die nächtlichen Tiergeräusche. Es ist so schön, einfach nur dazusitzen, vielleicht bei einem guten südafrikanischen Rotwein, und einfach nur die Stille zu genießen. Das war genau das Richtige für uns nach der erlebnisreichen ersten Woche.

Der nächste Reiseabschnitt führte uns ins das Gebiet von Twyfelfontain. Dort finden sich einige der bekanntesten Felsmalereien im südlichen Afrika, die zum UNESCO-Weltkulturerbe der Menschheit ernannt wurden. Das war jedoch nicht der Grund, weshalb wir hier waren (wir haben die Malereien aus Zeitgründen auch gar nicht besucht). Der Hauptgrund für uns war, neben der einmalig schönen Landschaft am Rand der Namib, der ältesten Wüste der Welt, das Vorkommen von Wüstenelefanten. Wir hofften, sie auf einer Safari zu Gesicht zu bekommen. Es gibt so rund 300 Wüsten-Elefanten, die in kleinen „Familien“ durch die unendlichen Weiten der Namib-Randzone und der Namib selbst große Strecken zurücklegen. Immer von einer Wasser- und Futterstelle zur nächsten. Die Lodge, die wir uns ausgesucht hatten, war wirklich super. Hier blieben wir 2 Nächte und haben uns wirklich total verwöhnen lassen. Von der Veranda unserer kleinen Steinhütte mit Freiluftbadezimmer (natürlich ganz privat) hatten wir einen unbeschreiblichen Blick auf eine weite Grasfläche, die in der Ferne von einem Gebirgszug begrenzt wurde. Aus dieser nun im Hochsommer gelb verdörrten Grasfläche ragten einige kegelförmige Hügel aus großen Steinen hervor. Sie sahen fast so aus wie Vulkankegel, was sie natürlich nicht waren. Wie diese zustande kamen, können wir Euch aber leider nicht sagen. Auf jeden Fall haben wir einen der Hügel zum Sonnenuntergang erklommen und bei einem Drink eine wirklich traumhafte Aussicht genossen. Die in der Ebene grasende Springbockgruppe hat das Setting dann wirklich noch perfekt gemacht. Diese Stimmung und diese Aussicht haben sich bei uns ganz tief als typisch afrikanisches Erlebnis eingebrannt. Out of Africa sozusagen im Jahr 2009…


Twyfelfontain

Am nächsten Morgen um 8 Uhr sollte dann die Safari in das riesige Naturschutzgebiet des Namib-Randes und zu den Wüstenelefanten mit einem Geländewagen starten und wir waren ein bisschen aufgeregt. Wir hatten schon so viel von dieser, ganz besonders an das Wüstenleben angepassten Elefantenspezies gehört und man hat uns natürlich gewarnt, dass es keine Gewähr geben könne, dass unsere beiden Guides sie tatsächlich aufspüren können. Vom Camp aus ging es auf kleinen Wegen durch eine wirklich traumhafte Landschaft. Wir konnten uns gar nicht satt sehen. Unsere Gruppe bestand nur aus uns beiden, einem kolumbianischen Papa mit seiner Tochter, der im Nachbarland Angola in der Ölindustrie arbeitet und einem weiteren Paar aus den USA. Unsere beiden einheimischen Guides David und Athan waren wirklich Spitze und haben uns sehr viel über die Tier- und Pflanzenwelt ihrer Heimat ermittelt. Egal, ob es um den Bau eines Erdferkels (das wir leider nicht zu Gesicht bekamen), die Bestimmung aufflatternder Vögel oder ob es um die Erklärung der Lebensweise der Welwitschias ging. Das ist eine Pflanzenart, die es nur hier im südwestlichen Afrika gibt und die Jahrhunderte alt werden kann, weil sie ihre Wurzeln sehr tief in den Untergrund gräbt. In Dürrezeiten können die „Blätter“ fast vollständig verschwinden. Einen Großteil der Fahrt ging es später durch ausgetrocknete Flussbette, die meist nur wenige Tage im Jahr Wasser führen, wenn überhaupt. Bald tauchten die ersten Anzeichen von hier lebenden Elefanten auf: wir sichteten Dunghaufen. Die Suche nach den Elefanten gestaltete sich jedoch schwierig. Wir waren bereits über 4 Stunden unterwegs und eigentlich sollten wir um 13 Uhr wieder zurück sein, was zu diesem Zeitpunkt schon nicht mehr möglich war. Unsere Guides haben wirklich keine Mühen gescheut, die „blöden Viecher“ zu finden und erklommen sogar im Laufschritt einen kleinen Berg, und das bei Mittagshitze, geschätzte Temperatur ca. 40 °C. Wir hatten zwar schon einige andere Tiere gesehen, z.B. mehrere Gruppen der majestätischen Oryx-Antilopen, mehrere Familien Strauße mit einer ganzer Schar Nachwuchs, jede Menge Springböcke, kleine Steinböckchen und auch einen Schakal. Aber ein paar Elefanten hätten wir halt doch gerne gesehen…

Einen letzten Versuch wollten Athan und David noch machen, um die Elefanten zu finden und noch mal an eine ganz andere Stelle fahren. Athan, eindeutig der absolute Elefanten-Crack übernahm Kommando und dann auch selbst das Steuer. Dann ging‘s mit viel Tempo durch das sandige Flussbett und tatsächlich: die Guides und wir wurden für Einsatz und Ausdauer  belohnt. Vor uns stand eine Gruppe von insgesamt ca. 15 Elefanten. Teilweise lagen sie im Schatten von ein paar großen Akazien, andere taten sich an selbigen gütlich und stillten ihren Hunger. Neben ein paar großen uns ausgewachsenen Elefantenkühen waren auch mindestens 1 Bulle bei der Herde und zwei ganz kleine Elefantenbabies sowie zwei oder drei Teenies. Was für ein Anblick!!! Wir beide liebe Elefanten ganz besonders. Wir sind fasziniert von diesen Tieren, die so ein ausgeprägtes Sozialverhalten haben und die sich über viele Kilometer hinweg über Tieftöne, die sie im Bauch erzeugen, verständigen können. Die jetzt vor uns  stehenden, namibischen Wüstenelefanten haben sich im Laufe der Evolution ganz besonders an die Wüste angepasst. Ihre Fußsohlen sind besonders weich und flexibel geworden und sind auch größer als bei den anderen afrikanischen Elefanten. Und sie können noch länger ohne Wasser auskommen. Sie müssen nur spätestens alle 5 Tage Wasser zu sich nehmen, deutlich länger als ihre „Kollegen“ in der Savanne. Insgesamt sind sie etwas kleinwüchsiger, aber nicht weniger imposant, wenn man so direkt und unmittelbar vor ihnen steht. Mit unserem Geländewagen konnten wir relativ nah an die Tiere heranfahren. Sie haben gelernt, dass ihnen von diesen Fahrzeugen keine Gefahr droht und sie ließen sich auch von uns nicht weiter stören. Trotzdem hielten wir einen Sicherheitsabstand von ca. 5-7 mtr. ein. Wie gesagt gab es auch zwei ganz kleine Elefanten. Uns begeistern diese Minis ganz besonders. Es ist einfach nur zu drollig, wie sie sich bewegen und nur ihren Spaß im Kopf haben. Es war echt schwer, sich von diesen Anblicken loszureißen. Eine kurze Pause im Schatten mit einem kleinen Snack und Getränken gab es dann noch in Sichtabstand zu den Tieren. Die Pause war aber eigentlich für Uli nicht lang genug, der natürlich mit seinen beiden Fotoapparaten bei so einer Gelegenheit ganz aus dem Häuschen gerät. So hat Christina eine intensive Unterhaltung mit Athan angefangen, was dazu führte, dass Uli noch ein paar Minuten Extrazeit erhielt, die er bestens genutzt hat. Als Nebeneffekt hat Christina aber auch noch jede Menge von Athan erfahren und auch er lernte Christina ein wenig besser kennen. Am Ende des Tages hatten wir uns drei dann fast ein wenig angefreundet und haben beim Abschied dann, weit nach 14.00 Uhr, sogar unsere Telefonnummern ausgetauscht. Was dazu führte, dass wir während der ganzen restlichen 4 Wochen in Afrika regelmäßig per SMS und auch telefonisch in Kontakt blieben. Mittlerweile hat sich der Kontakt zu einer intensiven Telefonfreundschaft ausgedehnt, es scheint, als ob wir einen neuen namibischen Freund in Athan gefunden haben, der uns auch sehr gut leiden kann. Dass so ein Kontakt möglich ist, begeistert uns immer wieder, und nicht zuletzt ist ja aus solch einer Safari auch unsere Freundschaft mit Haverinus entstanden. Wer weiß also, welche Abenteuer mit Athan zukünftig noch auf uns warten. Auf jeden Fall haben wir uns für die nächste Reise nach Namibia schon mit ihm verabredet… Den Nachmittag haben wir dann zum Relaxen genutzt und Uli hat einen Fotospaziergang rund um die Lodge gemacht. Auch an diesem Abend gab es einen Sonnenuntergang auf dem Berg und dann ein tolles Abendessen. Was für schöne zwei Tage, wir wollten da eigentlich gar nicht mehr weg. Aber „the tour must go on“.


Grootberg

Die nächsten beiden Nächte haben wir dann rund 150 km weiter östlich verbracht. Und zwar direkt auf dem Grootberg. Die Lodge besteht aus rund 15 kleinen Hütten/Häusern, die direkt am Rand einer Klippe gebaut sind. Das Auto muss man unten am Berg stehen lassen, dann wird man mit einem Spezial-Geländewagen mitsamt Gepäck hinauf  zur Lodge befördert. Von jeder kleinen Veranda dieser Hütten hat man eine fantastische Sicht in ein riesiges Tal und zu einem weiteren Gebirgszug in der Ferne. Diese Lodge ist inzwischen ganz in einheimischer (= schwarzer) Hand und ist ein Projekt, das zeitweise auch von der EU gefördert wurde. Dass hier die Einheimischen Stück für Stück die Leitung übernahmen und inzwischen eigenverantwortlich arbeiten, war der Grund, weshalb wir diese Lodge ausgewählt hatten. Wir hatten auch schon einmal eine Reportage darüber gesehen und uns fest vorgenommen, hier Halt zu machen, wenn wir mal in der Gegend sind. Der Blick von unserer Hütte war wirklich einer für „Götter“. Abends dort zu sitzen, den Sonnenuntergang oder dann nachts die Sterne zu betrachten, das war wirklich ein Erlebnis. Auch in dieser Lodge haben wir eine kleine 3,5 stündige Ausfahrt gemacht. Wir fuhren von der Lodge aus ganz ins Tal hinunter und haben auch hier das einheimische Wild gesehen. Jede Menge Oryx-Antilopen, Kudus, Steinböckchen und eine Vielzahl von Vögeln. Auch diese zwei Tage haben wir sehr genossen.


Rückweg nach Windhoek

Für die Fahrt nach Windhoek hatten wir von vornherein 2,5 Tage geplant und das war auch gut so. Unsere Strecke führte uns über Nebenstraßen zuerst ein wenig nach Osten und dann zuerst mal rund 700 km nach Süden. Auf diesen Schotterpisten kommt einem kaum mal ein Auto entgegen und man sieht auch sonst kaum Menschen auf den „Straßen“. Es bewährte sich auch diesmal wieder, dass wir einen richtigen Geländewagen gemietet hatten. Man kann zwar auch mit einem normalen Auto fahren, aber im Falle der sehr oft auftretenden Schlaglöcher oder Querrinnen hat man mit dem Geländewagen eine wichtige Sicherheitsreserve durch die größere Bodenfreiheit. Die Fahrt zu unserem ersten Etappen-Ziel, dem Brandberg, war interessant. Auf der rund 300 km langen Strecke ändert sich die Landschaft unheimlich oft und wenn man über einen Berg oder Pass kommt, kann die Gegend dahinter ganz anders aussehen. Alles ist aber zumindest Halbwüste und grün ist es nur in der Nähe von Wasser. Der Brandberg ist 2500 mtr. Hoch und ein Felsmassiv, das rund 2000 mtr. aus der Ebene empor steigt und schon von Weitem sichtbar ist. Sein dunkles oder schwarzes Gestein lässt den Brandberg fast ein wenig kalt erscheinen, obgleich es ganz und gar nicht kalt war, wenn wir die Autotüre aufmachten und sich die rund 40 Grad heiße Außenluft ins Auto hineindrückte. Die Unterkunft am Brandberg ist im weiten Umkreis die einzige Übernachtungsmöglichkeit und so waren die Gäste dort ein bunt zusammen gewürfelter Haufen. Einen besonderen Gast muss man vielleicht extra erwähnen. Wir trafen einen Schweizer, der zugleich einen südafrikanischen Pass hat und der mit einem umgebauten Unimog unterwegs war. An diesem Gefährt fehlte nichts von der Schlafkabine bis zum Reparaturwerkzeug. Er lebt immer abwechselnd in Afrika und in der Schweiz und sein Auto (wohlgemerkt mit Schweizer Kennzeichen) stellt er irgendwo in Südafrika ab, bis er wieder auf Tour geht. Und nach seinen Erzählungen war er fast schon in ganz Afrika. Echt ein uriger Typ. Besonders stolz darauf war er, dass er seinem Architekten-Leben mit 50 Jahren den Rücken zugekehrt hat, seine Teilhaberschaft in einem Architekturbüro aufgab, um freier, einfacher und besser zu leben beim Touren durch die Welt. Extra betont hat er dabei, dass er mit dieser Entscheidung viel monatliches Einkommen aufgegeben habe, das ihm aber nicht fehle in Anbetracht dessen, wie zufrieden er seitdem sei. So sollte man leben können. Auch am Brandberg hatten wir eine eigene Hütte. Christina hat das restliche Tageslicht genutzt, um sich ein wenig ihrer Kalligraphiekunst hinzugeben und Uli hat ein wenig die Gegend erkundet und eine kleine Anhöhe erklommen, um ein paar schöne Bilder machen zu können. Die Verpflegung war hier nicht gerade eine Offenbarung, denn auch hier bewahrheitet sich die alte Regel, dass dort, wo viele Touristen sind und es womöglich keine Konkurrenz gibt, der Standard deutlich sinkt. Heiß war es hier und wir hatten auch keine Klimaanlage im Zimmer. Mit dem Zirpen der Zikaden und den Geräuschen sonstiger Viecher war das zu mindestens Afrika-Feeling pur.

Die nächste Tagestour führte uns in die Nähe der Spitzkoppe, dem „Matterhorn“ Namibias. Hier waren wir vor zwei Jahren schon einmal, hatten aber keine Gelegenheit, diesen fotogenen roten Berg aus der Nähe anzuschauen. Das haben wir dieses Mal getan und wir waren beeindruckt von der Größe des Massivs, das schon aus rund 60-80 km Entfernung zu sehen ist und auch hier wie eine Insel in flachem Gewässer aussieht. Der eigentliche Grund, weshalb wir aber diese Route hierher gewählt haben und hier noch einmal übernachten wollten, war ein anderer. Wer unseren ersten Reisebericht aus dem Jahr 2006/2007 kennt kann sich vielleicht noch an den kleinen Jungen Biti erinnern, der damals unser Herz im Sturm erobert und uns so beeindruckt hatte. Er stand damals am Straßenrand und wollte uns an seinem kleinen Stand Mineralien aus der Gegend verkaufen. Wir kamen ins Gespräch und er erzählte uns seine Geschichte. Dass er z.B. nicht mehr in die Schule kann, weil er seinem Onkel helfen muss, dass seine Eltern nicht mehr leben, da sie bei einem Unfall ums Leben gekommen waren, usw. Wir hatten ihm damals einen Fußball und jede Menge anderer Sachen geschenkt. Leider hatten wir uns damals weder den Namen noch die Adresse genau aufgeschrieben und als wir dann spät abends noch mal bei ihm vorbei kamen, war er nicht mehr da. Es ließ uns keine Ruhe, auch nachher nicht, als wir wieder zuhause in Deutschland waren. Wir haben sogar die Lodge-Besitzerin, wo wir damals und auch dieses Mal übernachteten, in unserem Auftrag hingeschickt, um mit Biti in Kontakt zu kommen. Leider ohne Erfolg. Es war irgendwie eine fixe Idee und so haben wir beschlossen, dieses Mal noch mal vorbei zu fahren. Wir hatten zwar nicht die Hoffnung, ihn zu treffen, aber vielleicht bestünde ja die Chance, etwas über ihn zu erfahren.

So sind wir also wieder zu der Stelle gefahren, wo wir ihn letztes Mal trafen. „Sein“ provisorischer Verkaufsstand auf der Regentonne war nicht mehr da, dafür ein neuer, doch relativ „professionell“ aussehender Stand aus Holz mit einem gegen Diebstahl schützenden Holzzaun drum herum. Wir haben geparkt und sind ausgestiegen und haben geschaut, ob jemand da ist. Nach einiger Zeit kam dann ein älterer Mann und er sprach auch leidlich Englisch. Sehr schnell war klar, dass es Bitis Opa war und dass es Biti gut ginge. Er sei umgezogen, ganz in den Süden von Namibia, mit seinen Eltern. Mit seinen Eltern? Er war also gar nicht Waise! Hatte mit der Mitleidsmasche versucht, Touristen zu beeindrucken. Er hatte uns also, was das betrifft, angeschwindelt. Immerhin geht es ihm gut und in gewisser Weise Verständnis dafür, dass auf diese Weise versucht wird, aufgrund des Mitleids der Touristen zu etwas mehr Zuwendungen zu gelangen. Die meisten Menschen hier haben nach unserem Verständnis wenig bis gar nichts und da macht der eine oder andere  aus Mitleid extra gegebene Euro durchaus einen Unterschied. Wir haben Bitis Opa nichts von Bitis Lügen erzählt, sondern ihm, der wirklich recht ärmlich aussah, ein paar Decken und Nahrungsmittel gegeben, in Gegenden, so karg wie diese hier, können die Menschen fast alles gebrauchen. Der Opa hat uns sogar noch die Telefonnummer von Bitis Vater gegeben, und so sind wir dann doch mit reicher Beute von dannen gezogen.

Zum Sonnenuntergang waren wir auch noch einmal bei Bulls‘ Party. Auch da waren wir schon beim letzten Mal. Die Gegend mit den riesigen „Kieselsteinen“ und dem roten Gestein ist wirklich einmalig. Wir haben uns dort so lange wie möglich aufgehalten, haben die letzten Sonnenstrahlen genutzt und sind erst zurück, als es schon dunkel wurde. Christina hat es sich nicht nehmen lassen, den Berg zu besteigen, den wir das letzte Mal ausgelassen hatten. So sind wir dann da hochgekraxelt, immer unter Beobachtung einer Horde von Pavianen (Baboons), deren „Hausberg“ das zu sein schien und die unter wütendem Protest versucht haben, ihren Berg zu verteidigen und uns zu verscheuchen. Was ihnen jedoch nicht gelang. So haben sie sich letztendlich darauf verlagert, von oben spöttisch auf uns herabzuschauen. Immer in gebührendem Abstand, aber die ganze Sippe, mit Kind und Kegel.

Am nächsten Tag auf der Fahrt nach Windhoek, von wo wir am übernächsten Tag nach Südafrika weiterfliegen wollten, hat Christina dann beim Bitis Papa angerufen und ihn auch ans Telefon bekommen. Der war zuerst natürlich ein bisschen befremdet, wie es dazu kommt, dass jemand aus Deutschland nach seinem Sohn sucht. Aber mit der Zeit wurde er etwas lockerer und hat erzählt, dass er sich an die Frau und den Mann, die Biti den Fußball geschenkt haben, erinnert. Und dass er bei der Polizei arbeitet und seine Frau Krankenschwester ist. Damit gehören die Eltern auf jeden Fall zu den Besserverdienern in Namibia. Ein paar Minuten später hat dann Biti auf unserem Namibia-Handy angerufen. Wir waren überrascht und erfreut zugleich über den wieder gefundenen Kontakt. Biti geht es gut, er ist jetzt 11 Jahre alt, geht in die Schule und ist wohl auch gut in der Schule. Er wohnt ganz in der Nähe von Haverinus, Erna und Taleni im Süden von Namibia. So ist sogar ein Besuch mal möglich, wenn wir unsere Freunde wieder besuchen kommen. Von Christina auf die Unwahrheiten angesprochen, wollte sich Biti nicht an seine Aussagen erinnern und hat gekontert, dass das sicher ein Missverständnis war. Das war es aber ganz sicher nicht, denn Bitis Englisch war damals ja schon super. Das hatte uns ja auch so beeindruckt. Nun denn, das sind Dinge, die kann man besser Auge in Auge und nicht am Telefon besprechen. Schon gar nicht in Afrika. Also beließen wir es erst einmal dabei. Der Kontakt zu Biti ist wieder hergestellt, alles andere ein ander Mal. Für 2009 heißt es erstmal: Mission erfüllt!

Die Fahrt zurück nach Windhoek verlief reibungslos und wir waren mittags dann schon da. Und wieder ging es ans Packen. Dadurch, dass wir in diesem Urlaub auch zwischen den einzelnen Stationen geflogen sind, mussten wir unser Geraffel ja jedes Mal flugfähig machen und entsprechend aussortieren. Das war immer sehr zeitaufwändig und auch traurig, weil wir ja wegen der gewichtsmäßigen Gepäckbeschränkung nicht alles mitnehmen konnten und dann in Südafrika wieder neu kaufen mussten. Christina hat bestimmt mehr als drei Stunden gepackt und wir haben dann den Abend ganz untypisch für uns im Hotelzimmer verbracht und sind nicht mal mehr zum Essen gegangen. Wir haben uns an unsere Essensreste und Biltong (getrocknetes Fleisch) gehalten. Diese Sachen hätten wir ohnehin nicht mitnehmen können. In aller Frühe (4 Uhr) ging es dann am nächsten Morgen zum Flughafen und somit zum 3. Teil unserer Afrikareise, weiter nach Südafrika!

 


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 
   
     


 

Montag, 21. Dezember:

Coming Home to the Place of our first Africa-Experience

The Northern Drakensberg Region – Our “Want-to-Stay-Forever-Place”

Der Tag in Windhoek ging für uns früh los, denn unser Flieger nach Johannesburg, South Africa, ging schon morgens um 8.10 Uhr. Dabei liegt der Flughafen 50 km außerhalb der Stadt und wir mussten ja den Mietwagen noch abgeben. Also war um 4.00 Uhr aufstehen angesagt, ziemlich früh nach einem langen Abend, an dem wir unsere Sachen schon wieder in zwei Koffer pressen mussten und dabei schon wieder die Freigepäckgrenze überschritten. Aber alles ging gut, auch das Autofahren bei Nacht, was man in Afrika möglichst vermeiden sollte, wegen den Gefahren durch zwei- und vierbeinige Übeltäter. Speziell vor Kudus (größere Antilopen-Art, Mannshöhe in etwa) waren wir gewarnt worden, sie verursachen etliche Unfälle in Namibia. Und just einige Kilometer vor dem Flughafen stand tatsächlich im Halbdunkel unter einem Baum ein großer Kudu und war sprungbereit auf die Straße. Glücklicherweise hat Uli ihn rechtzeitig gesehen und so konnten Mensch und Tier unversehrt ihrer Wege ziehen.

Die Passkontrolle und Visa-Erteilung für South Africa ging in Johannesburg problemlos. Schließlich bereitet man sich in Südafrika auf das große Ereignis der WM 2010 vor. Alles lästige Ausfüllen der bis zum letzten Jahr benötigten Visa-Papiere, entfällt zukünftig. Die Einrichtung dafür wurde komplett neu installiert, damit der Ansturm für die WM bewältigt werden kann. Computergesteuert, Programmierung einfachst auf DOS-Ebene! Nix mit schönen bunten Software-Programme, schwarze Bildschirme mit weißen DOS-Befehls- und Eingabezeilen. Was mal wieder nicht geklappt hat, ist die Gepäckbeförderung. Unsere Koffer waren zwar schon da, als wir nach der Passkontrolle an das Gepäckband kamen, aber Ulis Tasche mit seinem professionellen und sehr hochwertigen Fotostativ kam nicht. Wir hatten eigentlich gehofft, dass wir letztes Jahr mit den ganzen Gepäckwirren unseren Teil an Gepäckschwierigkeiten für mindestens die nächsten 5 Jahre hinter uns hätten (zumindest statistisch betrachtet), aber das war wohl nicht so – sch… Statistik!!! Also wieder zum Gepäckschalter, warten, erklären, beschreiben, bitten, wieder erklären, wieder warten und alles nur, um zum Schluss zu erfahren, dass sie das Gepäckstück nicht finden konnten. Bestimmt würde es morgen ankommen, meinte der Agent von British Airways, wir haben ihn dann angegrinst und erklärt, dass wir diese Antwort schon zur Genüge kennen aus dem letzten Jahr (aktuelle Ergänzung: auch heute, 7 Tage nach unserer Ankunft in den Drakensbergen ist die Tasche mit dem Stativ und unseren Wanderstöcken nicht aufgetaucht).

Dann weiter zur Abholung des Mietwagens und auch hier, wir sind es ja schon gewohnt, Schwierigkeiten. Die Wagenklasse, die wir bestellt und auch schon bezahlt hatten im Reisebüro in Deutschland, war nicht verfügbar. Wir hatten einen kleinen vierradgetriebenen Wagen reserviert, weil wir wussten, dass wir Strecken fahren wollen, die nicht mit einem normalen Auto zu bewältigen sind. Wir haben fast zwei Stunden dort am Schalter zugebracht, bis wir endlich ein Auto „unser Eigen“ nennen konnten, mit dem wir das machen können, was wir uns vorgenommen haben. Letztendlich hatten wir dann Glück, dank eines verständigen Supervisors haben wir jetzt einen Wagen, der mindestens 4 Wagenklassen oberhalb der von uns bestellten liegt. Es ist ein absolut tolles 4x4-Auto. Mit dem können wir alles fahren, wo man überhaupt nur mit dem Auto hinkommen kann, es ist perfekt und das zum bezahlten Preis des kleineren Wagen. Aber es hat viel Mühe gekostet. Wir fragen uns immer noch, wie man bei den Autovermietungen den Ansturm zur WM bewältigen will. Es wird zumindest bei den Mietwagen ein großes Chaos geben, dessen sind wir sicher.
 

Als wir dann unterwegs in Richtung „unserer Wahlheimat“, den nördlichen Drakensbergen, waren, hat sich dann endlich unsere Vorfreude auf das „Nachhausekommen“ in diese Gegend eingestellt. In der letzten größeren Stadt vor der Amazizi-Region, in Harrismith, haben wir die nötigsten Einkäufe gemacht, vor allem Papier für unsere Mal-Workshops im Waisenhaus, und sind dann schnurstracks weitergefahren. Wir sind dabei durch ein Gewitter mit Blitz und Donner gekommen, das war richtig abartig. Blitze bald im Zweiminutentakt, dazu Donner, dass man meinte, die Scheiben würden bersten und dann auch noch sintflutartiger Regen. Nun ja, die Sommerzeit hier ist eben Regenzeit und die Drakensberge, die bis zu 3400 m hoch sind und die Amazizi-Region gegen Westen nach Lesotho hin begrenzen, sorgen im Sommer eben für diese Unwetterlagen. Das ist hier absolut normal und natürlich auch gewünscht. Obwohl diese Region im Gegensatz zu anderen Landesteilen sehr grün daher kommt, ist hier Regen, wenn er dann fällt, ein Segen. So dass sich niemand über zuviel davon beschwert.
 
Bevor wir in „unser“ Chalet in „unserer“ Lodge ein zogen, immerhin sind wir schon zum 4. Mal hier und fühlen uns hier wirklich wohl, sind wir zu einer Begrüßungsvisite zu „unserer“ Zulu-Familie gefahren. Mit Patrick, dem Vater der Zwillinge, sind wir nun seit drei Jahren befreundet, für einen 19-jähren jungen Mann eine ganz schön lange Zeit. Wer unsere bisherigen Berichte verfolgt hat, kennt unsere Geschichte mit ihm. Was für ein Hallo, als wir vor ihrem Haus vorfuhren. Alle kamen uns entgegengelaufen, Patrick, sein Papa Kokotsi und auch Lindeni, Patricks Mama, mit den Twins Thobelani und Ntogozizi. Pamela, Patricks Freundin und Mama der Zwillinge, war noch bei ihren Eltern und sollte am nächsten Tag eintreffen. Was für eine Begrüßung! Wir haben uns wohl alle ziemlich vermisst, seit wir uns im Januar 2009 voneinander verabschieden mussten. Den Kontakt zu Patrick haben wir das ganze Jahr über per sms und Telefonanrufe aufrecht erhalten, aber ist schon schwer, sich so lange nicht zu sehen, wenn man sich gern hat. Und das können wir von Patrick und uns wirklich gegenseitig sagen. Er ist für uns sehr wichtig geworden und wir sind sicher, dass wir für ihn ein ganz wichtiger Teil seines Lebens sind. So oft hat er uns im zurückliegenden Jahr als Vater und Mutter bezeichnet und in der Tat könnte er vom Alter her unser erwachsener Sohn sein.
 
In diesem Jahr hat sich Patrick mächtig verändert. Vom Jugendlichen ist er zum Mann geworden. Die Arbeit, die er seit Januar durch unsere Vermittlung in „unserer“ Lodge begonnen hat, ist ihm wirklich gut bekommen. Sein Englisch ist viel besser als im Januar und auch sonst hat er sich echt gemacht. Ganz zu schweigen vom Geld, das er nun regelmäßig verdient und damit sich, seine Zwillinge und auch seine Eltern ernähren kann. Was für ein Gegensatz zum letzten Besuch. Hier hat sich ein ganzes Lebensumfeld verbessert. Was für eine Freude für uns. Auch dass sich Patrick bei der Arbeit bewährt hat, wie uns die Lodge-Besitzer bestätigten. „He is really multi-talented“ (er ist sehr vielseitig talentiert), Originalton der Besitzer. Also hatten wir uns nicht in ihm getäuscht und wir sind wirklich glücklich, dass durch unsere Vermittlung unserer Kontakte einem Menschen so viel weitergeholfen werden konnte. Was gibt es Schöneres auf der Welt?! Wenn wir an diese glückliche Fügung denken, kommt uns hier und da immer noch die eine oder andere Träne in die Augen. Patrick und Pamela

Äußerlich hat sich auf dem Grundstück von Patricks Familie auch einiges getan. Es gibt ein neues Haus, also das, was man hier ein Haus nennt, nach europäischem Standard wäre es wohl eher eine Hütte oder von der Größe her ein Gartenhäuschen oder ein Gerätehaus. Ganz stolz hat uns Patrick berichtet, dass es sein Haus ist, das er und sein Vater erst kürzlich fertig gestellt haben, damit er von seiner Blechbehausung (siehe auch Bericht und Foto vom letzten Jahr), in der er im Januar noch gelebt hat, jetzt in ein Haus umziehen konnte. Dass das auch im Hinblick auf die Zukunft mit seiner Pamela hin geschehen ist und sie bei ihrer Ankunft damit überrascht werden sollte, war unübersehbar.

Ein Schockerlebnis musste die Familie am gleichen Tag jedoch auch überstehen und Gott sei Dank war nichts bzw. „nur finanzieller Schaden“ passiert. Ein Blitz schlug mit voller Wucht in das kleine Haus der Eltern ein. Glücklicherweise waren die Eltern mit den Zwillingen gerade außerhalb des Hauses und ihnen ist nicht passiert. Wer weiß, was gewesen wäre, wenn sie darin gewesen wären. Auf jeden Fall ist die komplette Elektrik zerstört. Der Stromzähler, der hier mit Zahl-Gutscheinen und Zahlencode aufgeladen wird, die man im Supermarkt kaufen kann, war zum Glück noch OK, aber am Sicherungs-Board waren 2 von 3 Ausgängen defekt und durchgeschmort. Was für ein Dilemma und trotzdem Glück im Unglück. Die meisten der wenigen elektrischen Geräte, die sie haben, waren nicht eingesteckt. Auch der neu gelieferte Elektroherd (was so ein Einkommen doch alles so langsam möglich macht!) war noch nicht angeschlossen. Der Schaden hielt sich in Grenzen und wir beide haben beschlossen, dass wir helfen können, hier zumindest wieder ein einigermaßen funktionierendes Elektronetz herzustellen. Alle fest installierten Kabel waren durchgeschmort und die 3 vorhandenen Deckenleuchten total kaputt. Nach kurzer Beratschlagung wollten wir einen Nachbar anrufen, der sich mit elektrischer Installation auskennt. Das war aber nicht möglich, weil es schon wieder ein Gewitter gab. Könnt Ihr Euch vorstellen, welchen Krach es macht, wenn ein Regenguss auf ein einfaches Wellblechdach donnert? Es war ohrenbetäubend! Das Telefonat konnte dann endlich geführt werden und Sandile, der Nachbar, hat uns noch kurz empfangen und so konnte Uli mit ihm klären, welche Teile besorgt werden müssen. Er sagte zu, die Installation noch am nächsten Tag, aber spätestens am 24.12. morgens vorzunehmen. So könnte alles bis zum 25.12., dem Tag, an dem hier Christmas gefeiert wird, fertig sein.
 

Patrick mit Twin 1 Uli zeigt Bilder auf dem Netbook Oma Lindeni mit den Twins

Wir sind dann irgendwann zwischen 19.00 und 20.00 Uhr ziemlich geschafft von dem Tag (wir waren ja um 4.00 Uhr aufgestanden) in der Lodge angekommen, konnten wieder unser „Stamm-Chalet“ mit der Nr. 7 in Besitz nehmen und den aufregenden Tag mit einem tollen Abendessen ausklingen lassen. Aber es sollten noch viele so ausgefüllte Tage hier in der Amazizi-Region folgen.

 

Dienstag, 22. Dezember:

Go Creative in Africa !

Am ersten ganzen Tag in „unserer“ Amazizi-Region ging es natürlich zuerst ins Waisenhaus. Christina hatte bereits im Vorfeld einen Mal- und Kreativworkshop angekündigt und der sollte heute stattfinden. Mduduzi, „The Man in Charge“ – also der, der die Verantwortung trägt, wenn die Heimleiterin Chantal nicht da ist, hat dafür die Kinder wieder zusammen getrommelt. Diese sind, wie die Kinder vom SOS-Kinderdorf, über Weihnachten normalerweise nicht im Waisenhaus, sondern zu Besuch bei irgendwelchen weitläufigen Verwandten. Das erhält ihnen einerseits die Verbindung zu den noch übrigen Verwandten und ermöglicht auch, dass sie die Gebräuche und Sitten ihres Volksstammes mitbekommen. Das Waisenhaus liegt im Zulu-Land, aber hier leben auch Xhosa, Sotho, Ndebele und andere.

Als wir am Waisenhaus eintrafen, waren die Kinder schon da und haben uns freudig erwartet. Wir hatten Mühe, unsere Emotionen unter Kontrolle zu halten. Als wir im Januar dort wegfuhren, war das Waisenhaus noch ohne Leben, da die Bauarbeiten noch nicht abgeschlossen waren. Nun sieht man schon von weitem das fertige Gebäude leuchten. Als wir dann im Hof ausstiegen, war es ein wunderbares Gefühl, als uns die Kinder entgegensprangen. Wow, Gänsehautfaktor 10 auf einer Skala von 1-10. Mduduzi hat uns dann ausführlich herumgeführt und wir sind aus dem Staunen überhaupt nicht mehr herausgekommen. Es ist alles so toll geworden, fast zu schön, um wahr zu sein! Es hat im Januar schon toll ausgesehen, aber jetzt ist es fast unbeschreiblich, wenn Leben in der „Bude“ ist. Innen ist alles super geworden und auf einem so hohen Standard, wie man ihn wohl im gesamten Gebiet in Häusern von Einheimischen nicht finden wird. Die Küche, deren Einrichtung letztes Jahr von Peter, dem Engländer (siehe Bericht), gemacht wurde als wir da waren, ist super geworden. In den Schlafräumen der Kinder stehen inzwischen die Stockbetten von Ikea (aus dem Container) und im Wohnzimmer sogar Polstermöbel. Die sanitären Einrichtungen sind geradezu vorbildlich. In der Eingangshalle hängt eine große alte Schultafel, bestimmt 3 x 2 m groß, was für eine schöne Idee für aktuelle Mitteilungen, gemeinsames Lernen und Arbeiten, usw.
 

Aber die Außenanlagen erst. Die sind unglaublich. Inzwischen ist das Windrad installiert, das Strom produziert. Der wird einerseits in einer großen Batterie gespeichert und wird, wenn Wind da ist, zum Pumpen des Trinkwassers aus dem eigenen Brunnen in die großen Vorratstanks verwendet. Inzwischen gibt es einen Hühnerstall mit Gehege, in dem schon ein paar Hühner rumspringen. Die nächste Lieferung Küken ist schon bestellt und demnächst werden zusätzlich 20 kleine Hühner den Stall bevölkern. Der absolute Clou aber ist der Gemüsegarten. So einen Garten haben wir schon lange nicht mehr, wenn überhaupt schon einmal gesehen. Garten ist eigentlich nicht das richtige Wort. Man müsste es wohl eher eine kleine Farm nennen. Alleine die Größe ist imposant, wir schätzen so ca. 800 m², akkurat in kleinere Beete unterteilt mit Gemüse aller Art in allen möglichen Pflanzstadien. Um ein paar Gemüse stellvertretend zu nennen: Kartoffeln, Tomaten, Rote Beete, Karotten, Auberginen, Kürbis, Gurken, Zwiebeln. Der Garten hat Uli, der von Haus aus Einiges an vorbildlicher Gärtnerei gewohnt ist, fast aus der Fassung gebracht. Alfred, der „Garten-Chef“, ist wohl wirklich ein kleiner Zauberer. Er ist ein eher zierliches Männchen mit tiefschwarzer Gesichtsfarbe, ist aber immerzu am Lachen. Unser überschwängliches Lob war ihm eher peinlich. Aber so einen vorbildlichen Garten zu führen, dazu braucht es schon was. Die Gartenfarmer des Waisenhauses ernten inzwischen so viel, dass sie Gemüse an Einheimische verkaufen können, weil es im Waisenhaus gar nicht alles verarbeitet werden kann. Inzwischen wird Alfred in die Gärten der Einheimischen gebeten, um dort Ratschläge für die Gartenarbeit zu geben.
 


 

Sozusagen das Sahnehäubchen auf allem aber haben die letzten Bauarbeiten gebracht. Es wurde ein Holzbackofen gebaut, ein richtiges kleines Backhaus. Die Einweihung steht unmittelbar bevor, wenn Chantal im Januar wieder hier sein wird. Eine Rundhütte, die hier im Zulu-Land auf jedes traditionelle Grundstück gehört, wurde bereits letztes Jahr fertig gestellt und wird als Aufbewahrungsort für Gartengeräte usw. benutzt. Die Rundhütte ist bei den Zulus der Raum, wo ihre Ahnen zuhause sind und wo man auch mit ihnen in Verbindung treten kann. Die Verbindung mit den Ahnen ist in ganz Afrika sehr wichtig. Das Leben für einen Zulu ist ohne die Weiterführung der Tradition der Ahnen undenkbar. Wenn er diese außer Acht lassen würde, droht im Unheil. Das macht es auch so schwierig, eigentlich nicht mehr in die heutige Zeit passende Traditionen zu ändern. Man denke nur an das Brautgeld (Lobola), das viele Ehen verhindert, weil die Männer die hohe Summe nicht aufbringen können, oder die Stellung der Frau. Ohne eine gleichberechtigte Frau in der Gesellschaft wird es z.B. auch keine Lösung des HIV/Aids-Problems geben.

Ein ausgewachsener Kinderspielplatz mit allen möglichen Klettergeräten, Schaukel usw. ist ebenfalls schon vorhanden. Es ist alles da, was man sich nur wünschen kann, es ist einfach perfekt.

Grundsätzlich, auch in anderen Bereichen, scheint uns, dass das Waisenhaus ähnlich einem Leuchtturm weit in die einheimische Community strahlt und wirkt und bestimmt für viele ein Ansporn ist, wenn man sieht, was alles machbar ist und dass es auch funktioniert. So wie Alfred ein Botschafter in Sachen Garten ist, so ist das ganze Waisenhaus ein vorbildliches Beispiel dafür, wie man sich auch mit wenig gut organisieren und helfen kann, um nicht in jeder Hinsicht der blanken Not des „Nichtshabens“ ausgesetzt zu sein. Innenausstattung und Außenanlagen wirken einfach wie aus einem Guss. Es ist unglaublich, was hier durch den Willen und die Führungskraft von Chantal möglich wurde.

In einigen Ecken des Waisenhauses warten die Dinge aus dem Container noch, an ihren Platz zu kommen. Der traf letztendlich vor sechs Wochen ein nach fast einem Jahr Zwangsaufenthalt in den Händen der Zollbehörden. Das ist sicher eine von Chantals Hauptaufgaben, wenn sie Anfang Januar wieder für 3 Wochen hier ist, dass die Sachen an ihren gedachten Platz kommen. Der Container, den Chantal und ihre Mitstreiter im November 2008 in Belgien losschickten, ist Anfang November 2009 hier angekommen. Wir hatten bereits über die wirklich haarsträubenden Komplikationen berichtet. Den Containertransport hatte Chantal vom Transportunternehmen MAERSK gestiftet bekommen. Innerhalb von 5 Tagen hatte daraufhin Chantals belgischer Verein Sprinkle mit gespendeten und mit fürs Waisenhaus gekauften Sachen den 40-Fuß Container gefüllt. Wer je schon mal vor so einem Container stand, der weiß, wie groß der ist. Es war Ende Dezember 2008, als der Container im Hafen von Durban eintraf. Und da stand er dann 11 Monate, weil ihn die Zollbehörden nicht abfertigten. Es waren wohl einige Papiere nicht OK. Alles Sachen, die im Waisenhaus dringend gebraucht wurden. Selbst größte Mühen von hoher politischer und gesellschaftlicher Stelle konnten den Vorgang nicht beschleunigen. Selbst das belgische Königshaus war involviert. Aber manchmal mahlen die Mühlen in Afrika langsam, da ist Geduld – Geduld – Geduld nötig.
 

Nach der Führung startete endlich Christinas Kreativ-Workshop. Die Kinder waren schon ganz kribbelig. Es waren nicht alle Kinder da, da einige zu weiter weg wohnenden Verwandten über Weihnachten abgereist waren. Aber es waren immerhin 7 der hier lebenden Kinder da und nochmal so viele Kinder, die als Tagesbesucher zum Waisenhaus kommen. Wie man schon von außen lesen kann, fungiert das Waisenhaus auch als „Child Centre“, also als Kinder- und Jugendbegegnungsstätte, und deshalb sind auch die Tagesbesucher-Kinder sehr willkommen. Als erstes hat Christina die Namen der Kinder auf jeweils ein großes Blatt (ca. DIN A2) geschrieben, kalligraphisch fantasievoll selbstverständlich. Dann durften die Kinder das Blatt mit Wasserfarben farbig ausgestalten. Christinas mitgebrachte Wasserfarben-Blöcke aus Deutschland haben sich dabei bestens bewährt. Es war toll mit anzusehen, mit wie viel Mühe und Konzentration die Kinderschar zu Werke ging. Und es sind wirklich tolle Blätter dabei entstanden. Es ist so schön, die Kinderaugen dabei leuchten zu sehen. Wenn man bedenkt, dass diese Kinder noch nicht so viel mit Farben gemacht haben, dann sind die Ergebnisse umso erstaunlicher.

Bei der nächsten „Übung“ sollten die älteren die drei wichtigsten Worte für sie selbst aufschreiben. Auch hier waren alle ganz eifrig dabei. Das dabei das Wort Liebe ganz oft vorkam, kann niemanden verwundern. Aber auch Freiheit, „mein Körper“, Herz und Gott kamen vor. Zum Schluss haben alle noch eins von Christinas bereits „berühmten“ Faltbüchern gemacht. Unglaublich, dass die Konzentration auch nach 2 Stunden noch dazu ausreichte, die erforderlichen Falze und Scherenschnitte zu machen. Auch hier hat uns sehr überrascht, wie gut die Kids schon nach ein wenig Anleitung zurechtkamen. Auch das untereinander Helfen, wenn der Eine oder Andere schon weiter war, geschah wie selbstverständlich und so sprühte der lange Arbeitstisch vor Kreativität und Spaß an der Fantasie und am Umsetzen. Sehr überrascht hat uns, dass Mduduzi, der Hausleiter, von Anfang an mitgemacht hat und total vertieft in sein kreatives Schaffen war. Man konnte förmlich spüren, wie viel Spaß ihm diese Art von „Arbeit“ macht. Alles in allem war das ein absolut erfolgreicher erster Workshop von Christina in Afrika. Sie war zwar ziemlich geschafft hinterher, aber hatte zugleich auch unheimlich viel Spaß dabei. Hier werden bestimmt viele weitere folgen.
 




 

 

 

 

 

 

 

Ein längeres Gespräch mit Mduduzi zum Abschluss hat uns erneut bestätigt, dass alles im Waisenhaus in besten Bahnen ist. Wir haben mit ihm auch darüber gesprochen, was wir für die Kids zu Weihnachten besorgen könnten. Christina hätte natürlich am liebsten Bücher oder sonst irgendetwas in dieser Richtung geschenkt. Aber auch hier sind wir wieder über den wichtigsten aller Weihnachtsbräuche gestolpert: am Weihnachtstag muss/sollte man neue Kleider haben. Aber wie sollten wir für die noch sechs verbliebenen Kids T-Shirt, Hose und Schuhe kaufen ohne ihre Größen usw. genau zu kennen? Nach kurzer Beratschlagung beschlossen wir, die Kids kurzerhand am nächsten Tag in unser Auto zu laden (wir hatten ja zum Glück ein größeres bekommen) und nach Bergville zu fahren, dem nächst gelegenen Städtchen. Mduduzi und Nana, eine der Tagesmütter, haben wir zur Unterstützung ebenfalls gleich dazu verpflichtet. Wir konnten uns recht gut ausmalen, wie es ist, wenn Kids, die sonst nie in irgendwelche Läden kommen, für sich Klamotten aussuchen sollen – Chaos vorprogrammiert. Aber immerhin spannend würde es auf jeden Fall werden.

Ziemlich geschafft haben wir uns dann auf den Weg in unsere Lodge und unser Chalet gemacht und uns auf das schöne und gemütliche Abendessen gefreut. Wie üblich haben wir dann danach „zuhause“ im Chalet noch eine schöne Flasche südafrikanischen Weins genossen, bevor wir mit der nötigen Bettschwere in die Heia sind.

 

Mittwoch, 23. Dezember: 

Shopping for Kids in Afrika !

Heute war also der große Tag für die Kids. Pünktlich um 10.00 Uhr, wie ausgemacht, waren alle am Waisenhaus versammelt. Ihre Aufregung war geradezu mit Händen greifbar. Zum Glück hatten wir so ein großes Auto (wenn auch nicht so bestellt), dass wir die 6 Kids, Mduduzi und Nana problemlos mitnehmen konnten. In Afrika kümmert man sich nicht so sehr um die max. zulässige Personenzahl für ein Auto. Unser Geländewagen hat eine offene Ladefläche und es ist hier die übliche Transportart, einfach hinten auf der Ladefläche mitzufahren. Und das Auto ist erst dann voll, wenn sich keine weitere Person mehr auf die Ladefläche quetschen lässt. So gesehen war unser Kofferraum mit 6 Kids noch mehr als halbleer!

Die halbstündige Fahrt ins nächst gelegene Städtchen Bergville haben die 6 Kinder auf der Ladefläche singend und klatschend verbracht. Auch daran konnte man erkennen, wie viel Vorfreude hier zugange war. Bergville ist ein kleines Städchen der Art, wie man sich eine afrikanische Stadt so vorstellt. Mit totalem Gewusel auf der Straße, überall auf den Gehwegen noch Verkaufsstände von Obst bis zu Kleidern, allerlei Nötigem und Unnötigem, usw.
 


 

Dann aber den Klamottenladen gestürmt. Wir haben uns aufgeteilt, Christina und Nana haben sich die 4 Mädchen Pinkie, Nontando, Tendai und Hlanthlantle geschnappt, während Mududuzi und Uli sich die beiden Jungs Sambulo und Mthobisi schnappten. Im Voraus hatte Christina die Parole ausgegeben, dass jeder sich ein Oberteil (T-Shirt oder Hemd), eine Hose oder Rock (oder auch stattdessen ein Kleid für die Mädchen) und ein Paar Schuhe aussuchen dürfe. Wie „befürchtet“ gab es ein kleineres Chaos, bis die meisten Teile gefunden und anprobiert waren. Sehr viel Zeit brauchte dann aber das Bezahlen, die Schlange vor der Kasse hatte mindestens 30 Leute. Aber auch das haben wir mit afrikanischer Gelassenheit gemeistert. Die meisten Kids wurden fündig, nur für Nontando und Sambulo mussten wir noch einen zweiten Laden aufsuchen. Dort wurden wir auch für die zwei fündig. Am schlechtesten konnte sich bei der ganzen Angelegenheit der älteste Junge Sambulo entscheiden. Irgendwie war das, was er sich so vorgestellt hatte, nicht unter den Sachen dabei oder sie waren nicht in der richtigen Größe da. Aber letztendlich konnte auch er sich als Besitzer neuer Kleider fühlen.
 


 

Uli und Christina waren dann noch kurz, und es war wirklich nur ganz kurz (denn 20 Minuten bedeuten in Afrika nicht mal ein Augenzwinkern) im Supermarkt, um für die Mitarbeiter des Waisenhauses wie letztes Jahr bereits ein Lebensmittelpaket zusammenzustellen als unser Dank an sie für ihren Einsatz. Für den sie zwar bezahlt werden, den aber alle mit ganzem Herzen und mit sehr viel Freude machen, siehe zum Beispiel Alfred, der Gärtner.

Dann ging es zurück zum Waisenhaus und wir teilten die Lebensmittelpaket-Geschenke an die Mitarbeiter aus, nicht ohne dass Christina noch eine kleine Dankesrede hielt. Wie immer war die Freude über die zusätzlichen Lebensmittel groß, und das obwohl alle hier Arbeitenden ja regulären Lohn erhalten. Wieder ein Moment mit Gänsehautfaktor und das Gefühl von Weihnachten rückte in absolut greifbare Nähe, als diese Erwachsenen sich so unglaublich über ihre Tüten mit Reis, Zucker, Bananen und Keksen freuten und ihre Dankbarkeit aus den strahlenden und zum Teil verlegenen Gesichtern mehr als deutlich abzulesen war! Ein Moment, in dem wir innerlich ein Stück weit von unserem deutschen Zuhause eingeholt wurden. Mal ehrlich: würden wir uns in Deutschland so intensiv über 2,5 kg Reis, 2,5 kg Zucker, 2 Packungen Kekse und 1 kg Bananen freuen?

Und natürlich wurden die Klamotten gleich noch einmal anprobiert, allerdings nur für das obligatorische Foto. Denn zum ersten Mal angezogen werden sie dann am 25.12., dem Christmas Day, an dem hier in Südafrika (wie auch in anderen Ländern auf der Welt) Weihnachten gefeiert wird. Was für ein Bild, alle so geschniegelt und gebügelt für Ulis Bild posieren zu sehen. Nur Nontando war nicht so happy, ihre Schuhe waren irgendwo verloren gegangen und nicht in den Einkaufstüten. Da gab es bitterliche Tränen und zunächst einmal konnte die Frage danach, wo und wie die Schuhe abgeblieben waren, nicht aufgelöst werden!

Wir bekamen dann von Gerold, dem Koch des Waisenhauses, noch ein Zulu-Essen serviert mit traditionellen Gemüsevariationen (alles aus dem eigenen Garten) und konnten uns so stärken für unser Vorhaben am Nachmittag, zu dem wir dann auch gleich nach dem Essen aufbrachen. Ein zweiter Trip nach Bergville stand uns bevor, um für Patricks Haus die neuen elektrischen Teile zu besorgen, um dort die elektrische Infrastruktur einigermaßen wieder ins „Laufen“ zu bekommen. Am Waisenhaus haben wir uns verabschiedet, aber nicht ohne zu versprechen, in Bergville auch nach den vergessenen Schuhen von Nontando zu fahnden. Patrick haben wir zuhause abgeholt und vorher noch mit Zandile, dem Elektriker gesprochen, damit wir die richtigen Teile besorgen. Den entsprechenden Laden hatte der uns auch genannt. Also nochmals „geschwind“ die 35 km nach Bergville gefahren. Sowohl das passende Elektromaterial wie auch die fehlenden Schuhe (die Kassiererin hatte vergessen, sie nach dem Abrechnen in die Tüte zu stecken und konnte sich glücklicherweise noch an Christina erinnern) konnten wir ergattern. Aber eine noch viel wertvollere „Fracht“ konnten wir mitnehmen. Patricks Freundin Pamela, die Mama der Zwillinge Ntogozizi und Thobelani, sollte ungefähr zur gleichen Zeit in Bergville ankommen. Sie hat wie die meisten arbeitenden Südafrikaner über Weihnachten die längste Zeit frei und hat diese Zeit natürlich zur Heimfahrt von Cape Town genützt, wo sie das Jahr über arbeitet, 1400 km von zuhause weg. Zuerst ist sie jedoch, dem Traditionsgebot der Ehre und Respektsbezeugung folgend, zu ihren Eltern gefahren, ca. 95 km von Patrick entfernt. Die Strecken innerhalb von Südafrika werden von den Einheimischen im sogenannten „Bush Taxi“ zurückgelegt. Wie schon öfters beschrieben sind das Minibusse in VW-Bus-Größe, die auf den frequentierten Strecken mit mindestens 12 Personen voll sein müssen, bevor sie überhaupt losfahren. Und mit so einem Bush Taxi sollte Pamela also ankommen. Was für ein „Zufall“, dass wir gerade auch da waren. So haben wir gewartet. In jeder Stadt oder Dorf gibt es den Minibus-Bahnhof, von wo aus die Taxis starten. Das ist für uns Ausländer immer der quirligste und am wenigsten begreifbare Ort. Über das System, wie die Afrikaner immer wissen, welches Taxi in welche Richtung fährt, haben wir auch nach 5 Jahren Afrika-Erfahrung nicht mal die leiseste Ahnung. Dass auch unterwegs Leute zusteigen können, das wissen wir und dass sie mit Fingerzeichen am Straßenrand kundtun, ich welche Richtung sie wollen, das haben wir auch schon mitbekommen. Wie aber der „Bahnhof“ funktioniert, da brauchen wir mal noch einen Kurs. Auf jeden Fall ist Pamela letztendlich angekommen und Ihr hättet mal den seligen Patrick sehen sollen, als er Hand in Hand mit ihr zu uns kam. Sie ist wirklich hübsch und hat sich in dem Jahr, in dem wir sie jetzt nicht mehr gesehen haben, noch mehr zur selbstbewussten Frau geworden, was sicher auch daran liegt, dass sie sich ein ganzes Jahr in ihrem Job in Cape Town behauptet hat. Patrick und Pamela sehen sich nur 3 Mal pro Jahr, wenn Pamela es sich leisten kann, die weite Strecke nach Hause zeitlich und finanziell zu stemmen.

Für die knapp 95 km hat sie mit dem Bush Taxi über 6,5 Stunden gebraucht. Weil sie eben mehrfach umsteigen musste und weil zum Teil die Taxis nicht losfahren, bevor sie nicht voll sind und sich die Fahrt für den Fahrer lohnt. Das kann man sich einfach bei uns nicht vorstellen. Auch wenn man für 100 km mehrfach umsteigen müsste, würde man in Deutschland wohl kaum mehr als 2 h brauchen. Aber Zeit ist hier in Afrika ein nicht so rares Gut wie in Europa.

Als wir im Waisenhaus ankamen, um die fehlenden Schuhe an die glückliche Besitzerin zu übergeben, gab es schon wieder Tränen. Ein weiteres Mädchen – Nondumiso –, war von ihrem Verwandtenbesuch in Durban zurückgekommen und hatte erfahren, dass die anderen von uns neue Kleider zu Weihnachten erhalten hatten. Sie war untröstlich – auch daran sieht man, wie viel Wert zu Weihnachten auf ein paar neue Klamotten, die es sonst unterm Jahr nicht oder höchst selten gibt, gelegt wird, weil meist eben nur ein oder zwei Garnituren pro Jahr zur Verfügung stehen. Auch in diesem Punkt ist es schwer, den Vergleich mit uns in Europa anzustellen und auszuhalten, wo wir doch fast alles und dabei meistens auch noch mehrfach haben. So haben wir versprochen, die Kleine am nächsten Tag mitzunehmen, wenn wir noch Besorgungen für den Weihnachtstag mit Patricks Familie machen wollten, um dann auch für sie das Weihnachtsglück vollkommen zu machen. Damit waren auch diese echten Kindertränen für den Moment versiegt.

 

Heiligabend, 24. Dezember:

Liebe Freunde zuhause!

Zwischendurch, außer der Reihe, aber pünktlich zu Weihnachten (ein herzliches DANKE an unseren fleißigen Webmaster Mathias zuhause) kommen hier unsere Grüße ins kalte Deutschland!

Mit unserem Reiseblog hinken wir ja ein bisschen hinterher, was im Wesentlichen daran liegt, dass sich die Ereignisse und Erlebnisse gar nicht so schnell aufschreiben und erzählen lassen, wie sie erlebt, durchlebt und verkraftet sein wollen.

Was wir hier in Afrika an Ruhe und Gelassenheit und auch an Langsamkeit lernen müssen, wird auf der anderen Seite durch die Dynamik der Geschehnisse längstens wett gemacht. Deshalb haben wir uns auch dazu entschlossen, unsere Erzählungen der zweiten Namibia-Woche vorerst zurück zu stellen und später wieder aufzugreifen, um Euch aktuell ganz direkt an den Entwicklungen hier in den Drakensbergen in Südafrika, wo das Waisenhaus steht und auch „unserer Zulu-Familie“, der Familie von Patrick und Pamela lebt, teilhaben zu lassen.

Unser Weihnachten wird sich auch dieses Jahr wieder „leicht“ anders gestalten, das hat ja jetzt schon Tradition seit unserer ersten Afrika-Reise in 2005. Geprägt waren diese letzten Vorweihnachtstage davon, dass wir uns so gut wie möglich im Waisenhaus eingebracht haben, wo wir gleich am ersten Tag einen Mal-Workshop mit den Kindern organisiert haben (aber davon mehr an anderer Stelle), und von der spontan erforderlichen Hilfe bei Patricks Familie, wo am Montagnachmittag gegen 16 Uhr der Blitz in das kleine Haus eingeschlagen hat. Glücklicherweise waren Großvater Kokotsi, Großmutter Lindeni und die beiden Zwillinge gerade nicht im Haus, sonst könnten wir morgen sicher nicht das Weihnachtsfest miteinander feiern (hier wird ja am 25.12. gefeiert).

Euch grüßen wir ganz herzlich nach Deutschland und wünschen Euch ein gesegnetes und vom Weihnachtsgedanken beseeltes Weihnachtsfest. Neben den vielmals kitschig geschmückten Plastiktannen, die einem hier auch allerorten begegnen, haben wir unseren persönlichen Christbaum-Favoriten gefunden! Überall am Wegesrand stehen die von Webervögeln bevölkerten afrikanischen Bäume, z.B. die für das Afrika-Bild typische Kameldornakazie, und die Webervögel gestalten sie mit ihren oftmals herzförmigen Kugelnestern zu sehr schönen Gebilden, die uns in Erinnerung an unser Zuhause in Deutschland doch sehr stark an mit Christbaumkugeln geschmückte Weihnachtsbäume denken lassen.

Für uns persönlich steht fest, dass wir unsere Aufgabe – nicht nur an Weihnachten – darin sehen, unseren allerkleinsten Teil der ins Ungleichgewicht gefallenen Welt ein bisschen mehr in Balance zu bringen, was wir mit all unseren verfügbaren Kräften tun, getragen von unserem festen Glauben an den zu Weihnachten geborenen Jesus Christus.

SHARE FOR LIFE - wer teilt hat mehr vom Leben

Dass wir uns dabei begleitet, ermutigt und unterstützt wissen von Eurer Anteilnahme in Gedanken, Gebeten, aktiver Beteiligung und Mithilfe, macht uns froh und dankbar zugleich und trägt wesentlich dazu bei, dass wir spüren und fühlen, dass unsere Vision von einer Welt im Gleichgewicht keine einsame Angelegenheit ist, sondern im gemeinsamen Miteinander gar  nicht so unerreichbar wirkt.

Wir wünschen Euch einen Sinn-vollen Heilig Abend, ganz gleich, wie und wo Ihr ihn feiert und begeht und denken an Euch. Wir selbst werden das Weihnachtsfest morgen, also am 25.12., mit Patrick und Pamela und Familie begehen, schon am frühen Morgen gemeinsam starten und das Tageslicht bis zum Abend für das gemeinsame Feiern nutzen!

Wir denken an Euch, Ihr denkt an uns, also ganz im Sinne von „share for life“ gehen unsere herzlichen Grüße nach Deutschland!


 

 


 
 

Donnerstag, 24. Dezember: 

„Heilig Abend“ in Afrika 

Dieser Tag wird, wie in weiten Teilen der Welt, hier gar nicht gefeiert. Wie geplant haben wir die kleine Nondumiso morgens am Waisenhaus abgeholt und sind mit ihr in die nächste größere Stadt Harrismith gefahren. Hier gibt es ein wenig größeres Angebot als in Bergville, was allerdings nicht unser Hauptbeweggrund war, dort hin zu gehen. Insgesamt ist Harrismith eine von der Bevölkerung her eher „gemischtfarbene Stadt“ und für uns an einem so hektischen Tag wie Heilig Abend eher überschaubar. Da zu Weihnachten nahezu alle Südafrikaner frei haben und die meisten auch schon ihren Lohn bekommen für den Dezember, damit sie ihre Weihnachtseinkäufe bewältigen können, außerdem alle entfernt arbeitenden Südafrikaner in ihre Heimatgebiete heim kommen, geht es hier am 24.12. wie auf dem Rummelplatz zu. Einen kleinen Eindruck davon hatten wir schon am 23.12. in Bergville bekommen, wo es schon schwer war, durchzukommen. Weil wir für diesen Tag aber wenig Zeit für viel zu erledigen hatten, haben wir uns gar nicht erst ins kleine und übervolle Bergville begeben, sondern die nächstgrößere Stadt Harrismith für unsere Erledigungen gewählt.

Als erstes bekam Nondumiso ihr neues Outfit, sie war recht pflegeleicht und schnell zufrieden zu stellen, die erste Hose passte, ein T-Shirt, das jemand anders in der Umkleidekabine zurück gelassen hatte und die erstbesten Schuhe in ihrer Größe. Dann suchten wir noch mal einen Elektroladen auf, um das nötige Material für einen Blitzableiter und einen Geräte-Überspannungsschutz für das Haus von Patricks Familie zu besorgen. Das sollte noch eine Überraschung werden für den Abschied, weil wir Patricks Familie in Zukunft bei den schweren Gewitterstürmen einfach gerne so sicher wie irgend möglich wissen wollen. Für den Blitzableiter bekamen wir leider nicht alles, es fehlte an einem dicken Kupfer-Kabel, aber die zwei Metallstäbe für das Dach und die Erdung im Boden konnten wir besorgen. Uli hatte sich bei jemand von der staatlichen Stromgesellschaft ESKOM darüber kundig gemacht, wie auf möglichst einfache Weise Schutz vor Blitzeinschlag konstruiert werden kann.

Dann sollte es an die Einkäufe für das geplante „Two-Culture-Cooking“ (Zwei-Kulturen-Kochen Deutsch/Zulu) mit Patricks Familie am Christmas Day gehen. Schon im Vorfeld hatten wir herausgefunden, dass der SPAR, hierzulande im Lebensmittelbereich eine der am meisten verbreiteten Supermärkte, am 24.12. bis spät offen hat. Dort angekommen, konnten wir dann gleich mal wieder eine Afrika-Erfahrung machen. Die Stromversorgung war wie so oft unterbrochen und der gesamte Supermarkt lag im Dunkeln. Dann wurde aus Angst vor Plünderei erst mal geschlossen und die, die noch nicht drin waren, mussten draußen bleiben, so auch wir. Warten. Warten ist in Afrika eine Art der Beschäftigung, die uns als Europäern schwer fällt, aber immer wieder abgefordert wird. Warten. Also warteten wir geduldig eine Stunde vor dem Supermarkt, bis in diesem über den Notstromgenerator zumindest die Notbeleuchtung wieder in Gang gebracht war und wir im Halbdunkeln unsere Einkaufsliste abarbeiten konnten. Teilweise hatten wir uns unbekannte Posten auf dem Zulu-Einkaufszettel von Lindeni, was uns in die Verlegenheit brachte, mit den Zulu-Angestellten des Supermarkts durch die halbdunklen Ladenstraßen zu gehen und nach uns unbekannten Gewürzen und anderem Ausschau zu halten. Spannend und lustig zugleich und zum Schluss waren doch etliche Leute im Supermarkt beteiligt (Weiße, Schwarze, Junge und Ältere), unseren Einkaufszettel abzuarbeiten. Während unseres Einkaufs fielen uns auch zwei gemischt-farbige Pärchen auf, das neue Südafrika, wo Rassenschranken zwar nur langsam, aber doch hier und da fallen!

Zurück im Waisenhaus haben wir Nondumiso mit ihren neuen Klamotten wieder bei Mduduzi abgegeben, der nun auch ganz happy war, dass „alle seine Kinder“ zu Weihnachten versorgt waren. Nach einem kleinen Schwatz mit Mduduzi sind wir dann heute mal nicht so spät in unserer Lodge angekommen, so dass wir noch 1-2 Stunden unser schönes Chalet genießen konnten.

 

Freitag, 25. Dezember: 

Weihnachten in ZULU-Afrika!

 

Weihnachten haben wir dieses Mal mit unseren Freunden im Zulu-Land gefeiert, also mit Patricks Familie: seinem Vater Kokotsi, seiner Mutter Lindeni, seinen Zwillingen Ntogozizi und Thobelani sowie Patricks Freundin Pamela. Über das schwierige Verhältnis von Pamela und Patricks Vater hatten wir schon mehrfach berichtet. Laut Zulu-Tradition können Patrick und Pamela nicht heiraten, weil Patrick das Brautgeld (Lobola) nicht bezahlen kann, was der Gegenwert von 11 Kühen ist. Das sind in etwa 80.000 Rand und eine so immense Summe, wie sie von Patrick in nächster Zukunft nicht aufgebracht werden kann. Solange die beiden aber nicht verheiratet sind, dürfen sich Pamela und Patricks Vater jedoch eigentlich nicht im selben Raum aufhalten und auf keinen Fall dürfen sich ihre Blicke treffen oder sie sich gegenseitig direkt ansprechen. Bereits bei der letzten Reise hatten sie für uns eine Ausnahme gemacht und so sollte es auch dieses Mal sein. Wobei sie aber wirklich sehr darauf geachtet haben, dass ihre Blicke sich nicht treffen.
 

Dabei wurden auch wir als trennende Elemente bei der Tischordnung so eingesetzt, dass zumindest ansatzweise der Tradition Genüge getan ist. Für uns ist das wirklich fremd. Zumal wir uns wirklich viel Gedanken dazu machen, wie diese Menschen ihre doch sehr tief sitzenden Traditionen in die neue Zeit übertragen können, die unaufhaltsam auch in ihrem Umfeld anbricht und nicht aufzuhalten ist. Es wird wohl noch lange Zeit dauern, bis sich hier – vielleicht auch gemeinsam und von Fall zu Fall einfach durch das Vorleben unseres Lebensstils – Veränderungen einstellen werden.
 

Aber zurück zum Christmas Day: Pamela und Christina haben also zusammen gekocht. Christina hatte sich lange überlegt, was sie repräsentativ für unsere Esskultur machen könnte und hat sich dann für Gulasch mit Nudeln und Spaghetti Bolognese entschieden, zwar nicht ganz deutsch, aber auf jeden Fall ein Essen, das Christinas Herkunft eines deutsch-italienischen Elternpaares gerecht wird. Pamela kochte Hühnchen auf Zulu-Art mit dem niemals fehlen dürfenden Butternut-Kürbis, der hier überall und in Massen gegessen wird, dann eine Art marinierte Kartoffeln, braune Bohnen und zwei verschiedene Salate. Auch Christina wartete noch mit einem norddeutschen Gurkensalat und einem eher südlicher gelegenen sauren Paprika-Salat auf. Eine saure Salatsauce ist in der Zulu-Tradition unbekannt, die meisten Salate werden mit süßen oder Mayonnaise-haltigen Saucen oder auch mit gar keiner Sauce angeboten, sondern einfach nur als Salat-Durcheinander. Der neue Elektroherd und die erneuerte Elektroinstallation waren von Zandile, dem Elektriker, rechtzeitig fertiggestellt worden. So konnte das große Kochen beginnen. Und das hat doch ganz gut geklappt trotz der relativ eingeschränkt vorhandenen Küchengeräte aller Art und ich spreche hier nicht von Maschinen. Alles ging gut, die Atmosphäre in der Küche war geprägt von gegenseitiger Neugier, Fragen und Antworten, gegenseitigem Helfen und der Vorfreude auf das große Festmahl. Bis zu dem Zeitpunkt, wo die gegenseitige Kocherei den Höhepunkt erreichte und die Zubereitung der Hauptgänge gerade startete, als der komplette Strom im Ort ausfiel. Eben auch typisch Afrika, Strom weg und was jetzt? Man stelle sich diese Situation in Deutschland oder Europa vor: Höhepunkt der kulinarischen Weihnachtsvorbereitungen und dann Stromausfall im gesamten Ort für die nächsten 3 Stunden! Aber die kluge Frau baut vor – und so zauberte Mutter Lindeni einen kleinen Gaskocher mit angeschlossener Gasflasche hervor und so ging die kleine Küchenschlacht eben mit improvisierter Kochstelle weiter, langsamer zwar als geplant, aber durchaus auch möglich. Da wir nun doch alles nur nacheinander und nicht auf 4 Herdplatten gleichzeitig machen konnten, waren wir stattdessen frei uns hinzusetzen und miteinander zu quatschen und uns mit den Bildern auf Ulis Computer die Zeit zu vertreiben. Als dann alle Gerichte gerade fertig waren, da ging der Strom wieder an. Aber dann haben wir ihn auch nicht mehr gebraucht, sondern haben uns den fertigen Leckereien auf dem Tisch gewidmet.

Das Essen war wirklich lecker und ein toller Erfolg. Die Gerichte haben uns gegenseitig sehr geschmeckt und vor allem die Spaghetti Bolognese hatten es unseren Zulu-Freunden wirklich angetan. Pamela fragte nach dem Rezept und so wird es zukünftig auch in Zulu-Land eine neue italienische Tradition geben.

 


 

Auch von unseren Weihnachtstraditionen haben unsere Zulu-Freunde etwas mitbekommen. Nach dem Essen und bevor wir unsere Geschenke überreichten, hat Christina die Weihnachtsgeschichte vorgelesen, während unsere „Reisekrippe“, unser „Reise-Christbaum“ und unsere „Reiseengel“ den Tisch geschmückt haben. Dann gab es eine kleine Bescherung für Patricks Familie und unsere Geschenke scheinen ganz gut angekommen zu sein, vor allem die Wandlampe, die wir Patrick für sein neues Haus schenkten hat ihn in absolute Verzückung versetzt. Wie gut ein Geschenk angekommen ist, konnte daran gemessen werden, wie laut jeweils das Johlen und Klatschen am Tisch war, aber wir können uns wirklich nicht beschweren. Die Kleider, die wir für Patricks Familie in Harrismith besorgt hatten, passten einwandfrei bis auf die Schuhe für die Zwillinge, die trotz Beratung im Geschäft zu klein ausgefallen waren. Das wiederum löste große Bestürzung aus, denn so einfach ist das mit dem Umtauschen einer Ware in einer 65 km-entfernten Stadt in Afrika nicht. Dennoch gab es reichlich anderen Grund zur Freude und so wurde auch dieser kleine Wermutstropfen verkraftet.
 


 

 

 

Eine Attraktion waren die Bilder vom letzten Besuch, die wir auf unserem kleinen Computer-Netbook zeigen konnten. Auch von Cape Town und von der Arbeitsstelle von Pamela. Patrick wusste ja gar nicht, wo sie genau arbeitet. Wir haben auch Bilder von unserem Ort Gernsbach gezeigt und unserem Haus. Das aber mit eher ungutem Gefühl. Noch fehlt uns das genaue Gespür dafür, was passiert, wenn die Menschen hier mitbekommen, wie wir in Europa leben. Es ist ein großer Spagat, das irgendwie für beide Seiten gerecht zu vermitteln. Ganz klar ist und da führt kein Weg daran vorbei, dass wir reich sind und die meisten unserer neuen Freunde arm, wenn sie auch nicht hungern müssen. Aber, wie kann man vermitteln, dass bei uns die gebratenen Tauben nicht von selber einfliegen, sondern dass vieles in Europa für afrikanische Verhältnisse teuer erkauft ist. Wann immer das Gespräch auf die verschiedenen Lebensverhältnisse kommt – und wie gehen diesen Gesprächen ganz bewusst NICHT aus dem Weg – versuchen wir auch von unserem anstrengenden Berufsalltag, der hohen Verantwortung auch gegenüber dem Staat und Einrichtungen wie Schulen und anderem und auch dem sonstigen ziemlich organisierten Leben zu berichten. Christina hatte sich für diesen Mittag extra die Mühe gemacht, unser Einkommen und unsere Kosten gegenüber zu stellen.

Denn immer wieder in Gesprächen sind da mal einige Zahlen durch die Luft geflogen. Was z.B. kostet ein Flugticket nach Südafrika – 10.000 Rand, das ist mehr als ein Halbjahresverdienst für einen normalen Beschäftigten hier. Oder was kostet es, in Deutschland den Führerschein zu machen? 20.000 Rand. Was verdient Ihr im Monat? Wir haben versucht, darauf so offen wie nur möglich zu antworten und mussten daraufhin alle gemeinsam die Spannung aushalten, die sich aus der Ehrlichkeit und Offenheit ergibt. Sie ist groß und lässt sich nicht lösen. Mit einer sehr detaillierten Aufstellung hat Christina versucht, einiges zu relativieren. Und so weit wir das beurteilen können, ist das auch angekommen.



Aber bei all diesen Versuchen bleibt zum Schluss eines doch klar: wir sind reich und die meisten normalen Menschen hier dagegen arm. Und das nicht nur an Materiellem, sondern auch was die Gesundheitsversorgung oder die Bildung angeht. Gerade die Bildung, und das schockt uns immer wieder und wir bemühen uns dann, Haltung zu bewahren und selbst nicht oberlehrerhaft oder gar arrogant zu wirken. Aber hier gibt es Jugendliche und Junge Erwachsene, die es tatsächlich bis zum höheren Schulabschluss in der 12. Klasse geschafft haben und diesen auch bestanden haben.

Dennoch finden sie auf einer Weltkarte ihr eigenes Land Südafrika nicht. Was ist in einem solchen Moment am meisten gefragt? Hochnäsigkeit, Mitleid oder eine zupackende Haltung und ohne weiteres Brimbamborium einfach die Wissenslücken zu schließen? Wir haben uns bis jetzt immer für Letzteres entschieden und sind damit bislang gut gefahren. Oder wir unterhalten uns mit einer Lehrerin, die sehr gut Englisch spricht und stellen auch da fest, dass kaum Wissen über die Welt außerhalb des eigenen Wirkungskreises vorhanden ist
. Wir unterhalten uns mit einem 19-Jährigen und er fragt uns, wie Tag und Nacht zustande kommen. Wir möchten hier den Einzelnen überhaupt nicht kritisieren, es ist uns wichtig, das nochmal extra zu betonen. Die Menschen können nur wissen, was ihnen an Wissen vermittelt wird. Aber es ist das Bildungssystem im Ganzen, das katastrophal ist. Z.B. kommt in den ländlichen Schulen auf 10-15 Schüler ein Schulbuch. Von anderen Materialien, die an einer Schule zum Unterricht oder zur Grundversorgung einer Schule benötigt werden, ganz zu schweigen. Und wenn schon die Lehrer nichts wissen, was sollen sie dann Kindern beibringen? Gerade in diesem Bereich gibt es unendlich viel zu tun. Zuviel ist in den Jahren der Apartheid den Schwarzen vorenthalten worden, vor allem aber Bildung. Sie wurden systematisch dumm gehalten, so konnte man sie besser kontrollieren. Das jetzt zu korrigieren braucht Generationen. Aber es gibt viele kleine Schritte, die in die richtige Richtung gehen. Aber auch die können immer nur ein paar einzelnen helfen. Mehr davon morgen, wenn wir von unserem Gespräch mit den Leitern der neu gegründeten Schule berichten. Bis das große Ganze besser wird, wird sehr viel Zeit und Engagement nötig sein!

 

Samstag, 26. Dezember: 

Adventure-Park in Afrika

Als ganz besonderes Weihnachtsgeschenk für die Kids vom Waisenhaus hatten wir uns ausgedacht, ihnen einen Besuch im nahe gelegenen Adventure-Park zu ermöglichen. Das hat weniger etwas mit einem Vergnügungspark wie z.B. Europa Park oder Disneyworld zu tun, sondern entspricht eher einem Klettergarten mit verschiedenen „An- und Abseil“-Aktionen. Die Kids hatten die Wahl zwischen baden gehen im nahen Nationalpark oder ein paar Stunden im Adventure-Park zu verbringen. Worauf die Wahl da fiel, konnte keinen überraschen, nur Mduduzi hatte anders prognostiziert. Zu den Kindern, die ständig im Waisenhaus leben, hatten wir auch die anderen „Tagesgast-Kinder“ eingeladen – uns es sollten ein paar ereignisreiche Stunden werden.

 

Wer denken würde, dass unser Auto mit 10 Personen beim Klamotten-Einkauf schon gut gefüllt war, wird nun eines Besseren belehrt. Wir fuhren mit 4 Erwachsenen und 14 Kindern im Auto (in einem wohlgemerkt) zum Adventure-Gelände. Christina hatte drei Attraktionen für die Kids gebucht. Trampolin-Springen am Bungee-Seil, Seilbahnfahren über den Baumwipfeln und die Königsschaukel oder auch „King Swing“, eine überdimensionale Schaukel an Seilen, in die man mit einem freien Fall aus ca. 15-20 mtr. Höhe einsteigt. Obwohl die Kinder selbst für den Adventure-Park entschieden hatten, verließ sie dann doch ihr Mut, als die erste Hürde zu nehmen war. Das Trampolin-Springen hat einiges an Überwindung gekostet, denn das Hochgefedertwerden durch das Bungee-Seil erzeugte im Bauch doch unbekannte Gefühle. Und auch das richtige Wiederaufkommen auf den Trampolinflächen musste manches Kind sich erst hart erarbeiten. Eingeschnürt in ein Klettergeschirr hing man an überdimensionalen elastischen Spannern, die gerade so eingestellt wurden, dass man bei der Nach-Unten-Bewegung noch das Trampolin erreichte, die Nach-Oben-Bewegung durch die Spanner und das Trampolin entsprechend stark ausfiel. Es war toll zu beobachten, wie das anfängliche Zögern sich dann in Zutrauen zum Gerät und zu sich selber verwandelte und zuletzt dann der Spaßfaktor sehr groß war. Als dann alle durch waren, herrschte große Begeisterung und Spannung auf das, was als nächstes kommen sollte.

Bei der zweiten Aktivität war dann schon mehr Mut gefragt. Wieder in Klettergeschirren angeseilt, ging es eine Wendeltreppe an einem Baum hoch. Die Plattform liegt in ca. 15-20 mtr. Höhe. Oben wurde man dann in das Hochseil eingehängt und losgestoßen. Von dort ging die Seilbahn dann bestimmt 100 mtr. zum Zielpunkt. Bei manchen Kids konnte man schon beim Hochlaufen der Wendeltreppe richtig beobachten, dass sie noch nie eine Treppe gelaufen sind, weil sie das von ihrem Lebensumfeld einfach nicht kennen.



Und diese kleine Wendeltreppe entlang am hohen Baum forderte ihnen doch einiges an Geschick und Schwindelfreiheit ab, da man zwischen den Stufen gut nach unten auf den immer weiter zurückliegenden Erdboden schauen konnte. Die Kids wurden der Reihe nach in die Rolle eingehängt jeweils alleine auf ihre Reise zum Zielpunkt geschickt. Den meistens zuerst ertönenden Schreckschreien beim Absprung und den Freudenschreien während der Fahrt konnte man entnehmen, dass auch diese Aktivität nach dem ersten Schreck über den eigenen Mut viel Spaß machte. Mit strahlenden Gesichtern kamen die Kinder in ihren Anseilgurten zum Ausgangspunkt zurück. Manche wären gerne ein zweites Mal gefahren, haben es aber nicht gewagt, um einen solch teuren Gefallen zu bitten.

Beim „King Swing“, der Königsschaukel war es dann allerdings rum mit der Gelassenheit. Wieder den Treppenbau hoch bis zur Plattform, das war ja nun schon bekannt. Aber dann ging es weiter auf eine ausladende Brücke, die mit Brettern zwischen zwei Bäumen befestigt war. Man stand dabei wie auf einem Sprungturm im Freibad, jedoch angeseilt im Klettergeschirr mit jeweils einem Seil links und rechts, das weiter vorne (ca. 10 m) gelagert war, wie eine Schaukel eben. Dann hieß es, im freien Fall in die Tiefe zu springen, um dann in ca. 2-3 mtr. Höhe vor dem Boden von den Seilen abgefangen zu werden, erst dann kam der Teil mit dem Schaukeln, das man dann noch mit ein paar Hin- und Herbewegungen genießen konnte, wenn man nach dem Schreck des Absprungs noch dazu in der Lage war. Das war ein ganz schön mulmiges Gefühl, da oben zu stehen und dann einfach runter zu springen. Uli hat es auch gewagt und kann also in Selbsterfahrung davon berichten. Total unterschiedlich, wie die einzelnen Kindern reagiert haben. Die einen sind ganz mutig gesprungen und haben den Sprung genossen, wie z.B. die kleine Tendai mit dem Piratenkopftuch. Andere sind gesprungen und haben durch das Gefühl des Sturzes ins Bodenlose, bis das Seil einen auffängt, fast einen kleinen Schock davongetragen, der sich dann in Tränen Luft gemacht hat. Letztendlich sind alle gesprungen, auch das Mädchen Nondumiso, das zuerst am Absprung stand, sich dann aber nicht traute und wieder losgeschnallt wurde, hat es dann doch noch gewagt. Unten wurden alle von Christina und Mduduzi in Empfang genommen, gelobt, umarmt und in ihrem jeweiligen Emotionszustand empfangen und betreut, und man konnte förmlich sehen, was, ein Lob, eine Schulter und eine Umarmung doch wert sind. Zum Abschluss des Tages hat Christina den Kids noch mal ein paar Worte über schwierige Lebenssituationen, über Risiko und Mut, über Angst und deren Überwindung, das Fallen und das sich Getragen-Wissen in Gottes Händen zugesprochen und dabei in den Kindern sehr aufmerksame Zuhörer gehabt. Auch Mduduzi, der Betreuer, der sich zuerst nicht traute und erst mitging, als Uli mit ihm auf die Plattform hoch ist, um es ihm dann nachzumachen, war ganz happy über seinen eigenen Mut und das Mitgenommensein in einer Gruppe. Gerade in Mduduzi haben wir auch einen guten Freund gefunden. Und auch Nana, die andere Betreuerin, berichtete Christina, dass es für sie im wahrsten Sinne des Wortes atemberaubend war. Sie, die vorher immer mit lauten Schreien am Bungee-Seil auf dem Trampolin hoch und runter gesprungen war, war beim Fall in den „King Swing“ ganz ruhig gewesen. Sie sprach davon, dass der Sturz in ihr erst eine riesige Angst ausgelöst habe, dass jetzt alles vorbei sei, sie aber dann beim Gehaltenwerden durch das Seil plötzlich eine nie zuvor gekannte Ruhe in sich erlebt hätte, ein Gefühl, an das sie sich ab sofort immer in ihrem Leben erinnern möchte, vor allem dann, wenn schwierige Entscheidungen oder Lebenssituationen anstehen. Was kann man mehr von einem Ausflug in einen Adventure-Park erwarten? Allen Kindern war am Nachmittag, als wir uns von ihnen verabschiedeten, abzuspüren, dass sie sich verändert hatten. Ihr Selbstbewusstsein hatte sich nach diesem Tag verändert und wir sind sicher, dass sie noch oft auf diese Situationen, in denen sie Mut bewiesen haben, zurückgreifen können werden. Und so haben wir ihnen das zum Abschluss noch auf dem Gelände des Adventure-Parks vorgetragene und selbst erfundene „Titellied“ des Waisenhauses „Sprinkly – we’re happy – oh jabula, oh jabula“ („jabula“ ist das Zulu-Wort für „glücklich“) doch aus vollem Herzen abgenommen.
 


 

 

 

 

 

Der Abschied von den Kindern im Waisenhaus fiel dieses Mal schwerer, wird es jetzt doch für längere Zeit sein, bis wir die Kinder wieder sehen. Nochmal gab es eine kleine Ansprache und immer wieder stellen wir fest, dass den Kindern kein Wort und keine Aufmerksamkeit, die man ihnen entgegen bringt, zu viel ist. Man kann spüren, dass sie es nicht gewohnt sind, im Mittelpunkt zu stehen oder gar als Individuen persönliches Interesse entgegen gebracht zu bekommen. In Afrika, wo sich speziell bei der armen Bevölkerung das Leben zumeist täglich ums blanke Überleben dreht, sind offene Ohren und Herzen für Kinder ein rares Gut. Vielleicht oder ganz sicher sogar werden die Kinder, die im Sprinkle-Waisenhaus und Kinderbegegnungsstätte unterkommen dürfen, in dieser Hinsicht anders und verwöhnt aufwachsen dürfen, denn hier gibt es immer jemand, der für sie und ihre kleinen und großen Bedürfnisse da ist. Auch das, dass wir sie bei Mduduzi, Nana und den anderen Tagesmüttern in sehr guten Händen wissen, haben wir den Kindern noch mit auf den Weg gegeben und ihnen versprechen müssen, wieder zu kommen, sobald es uns möglich ist.

Der Abschied von den Kindern war mitnichten verkraftet, da stand für uns am Spätnachmittag noch das Treffen mit Loretta und Megan an, die wir auch schon seit der ersten Reise kennen und sehr sehr schätzen gelernt haben. Die beiden unterstützen in der örtlichen Gemeinschaft eine Vielzahl von Kinderkrippen, fördern und bilden Mütter und Krippenleiterinnen aus, die dort auf die Kinder aufpassen. Und sie haben eine Schule gegründet, die aus dem Gedanken entstanden ist, dass eine gute Schule für die eigenen Kinder der Lodge-Besitzer zu weit weg ist und die Kids somit ins Internat müssten. So haben sie miteinander eine eigene Schule gegründet, dabei aber nicht nur an sich und ihre eigenen Kinder gedacht, sondern auch an die örtliche Gemeinschaft. Für jedes Kind, das sie in die Schule schicken, erhält ein Kind der einheimischen Community ein Stipendium, nicht zuletzt auch deshalb, damit die Kinder beider Hautfarben schon im jungen Alter den selbstverständlichen Umgang miteinander lernen. Ursprünglich sollte die Schule alle Klassen umfassen bis zum High School-Niveau. Nach einigen erfolgreichen Jahren des Aufbaus haben Loretta und Megan jetzt aber ihr Konzept geändert und beschränken sich auf die Betreuung und Erziehung der Kinder vom 3.-9. Lebensjahr, also bis zur 3. Klasse, da der finanzielle und zeitliche Aufwand zu groß würde, um den Schulbetrieb auch für die höheren Klassen aufrecht zu erhalten. Eine gute Primary School als Anschluss gibt es dann schon in Bergville und die 35 km bis dorthin können die Viertklässler mit dem Bus schon alleine bewerkstelligen. Der Erfolg der ersten Schüler, die von der Royal Drakensberg School auf die öffentliche Schule gewechselt sind, gibt allen recht. Die Kinder konnten an landesweit anerkannten Schulen die Aufnahmeprüfungen ohne Probleme bestehen und bestätigen auch damit das hohe Niveau, auf dem die Royal Drakensberg School unterwegs ist. Insgesamt sind Megan und Loretta der Meinung, dass es vor allem auf das Fördern der Kinder in der Frühphase ankommt. Deshalb fangen sie jetzt schon mit den Kindern mit 3 Jahren mit Kindergarten und Vorschule an. Sie machen wirklich eine tolle Arbeit, die absolut vorbildlich ist. Neben der eigenen Schule fördern sie zwei noch einige Kinderkrippen, die es hier gibt. Ob man die Kinderkrippe auch als solche benennen kann, weiß man nicht so genau. Siehe auch unser Bericht vom Vorjahr. Auf jeden Fall ist die Arbeit der beiden wichtig und vorbildlich. Wir werden auch weiterhin engen Kontakt zu beiden Frauen halten und haben ihnen unsere Unterstützung in ihren ehrgeizigen und lohnenswerten Vorhaben zugesagt. Für unseren nächsten Besuch haben wir auch vereinbart, dass sich Christina mit einem oder zwei Workshops in die Lehrer- und Erwachsenenbildung einbringt, die ebenfalls auf vorbildliche Weise von den beiden Frauen getätigt wird. Alles in allem ein gutes Gefühl, so fähige Anlaufstellen hier im Zulu-Land zu wissen, Anknüpfungspunkte für vielleicht noch viele lohnenswerte Vorhaben im Bereich Bildung und Erziehung!

 

Sonntag, 27. Dezember:

Mam und Dad in Afrika !

Der 27.12.2009 war eigentlich als unser „freier“ Tag in der Amazizi-Region geplant, an dem wir eigentlich auch mal was Touristisches hier machen wollten. Hier gibt es so viel Natur zu sehen und zu erleben und das kam die letzten drei Besuche aufgrund der vielen menschlichen Begegnungen, Ereignisse und Erlebnisse immer zu knapp. So hatten wir uns vorgenommen, an diesem Sonntag eben dieses zu tun. Doch auch dieses Mal gab es etwas, das uns wichtiger war als unser Plan „Sightseeing zu betreiben“.

Schon beim gemeinsamen Weihnachten-Feiern mit Patricks Familie kam das Gespräch darauf, dass Pamelas Eltern die Zwillinge seit ungefähr einem Jahr nicht mehr gesehen hatten. Das ist bei 1 ¾ Jahren alten Kindern eine ewig lange Zeit. Ihre Eltern wohnen ca. 95 km weit weg und mit den beiden an ihre Großmutter Lindeni gewöhnten Kindern kann sie nicht einfach in ein Busch-Taxi steigen und die 6-8 stündige Fahrt mit mehrfachem Umsteigen bewältigen. Wie wir ja erfahren hatten, war Pamela auf dem Herweg über 6 Stunden unterwegs. So haben wir ihr angeboten, sie am Sonntag dort hinzufahren und dafür unseren Sonntag an unserem Lieblingsort in Südafrika einzusetzen. Gleichzeitig konnten wir damit aber auch unser eigenes Interesse am Kennenlernen von Pamelas Elternhaus abdecken. Immerhin die Großeltern der Zwillinge und vielleicht mal Patricks Schwiegereltern.

Also: gesagt, getan! So haben wir Pamela und Patrick (der hatte für diese Fahrt zu seinen zukünftigen Schwiegereltern extra frei bekommen) und Patricks Mama Lindeni mit den Zwillingen in unser Auto geladen. Patricks Mama Lindeni musste schon allein deshalb mit, weil die Zwillinge selbst nach 4 Tagen gegenüber ihrer Mama Pamela fremdelten. Zwar verständlich, weil für die beiden natürlich Lindeni die Bezugsperson ist, da sie sie ja aufzieht. Aber für Pamela ist es sicher eine schwierige Situation, über die wir mehrfach mit ihr gesprochen und versucht haben, sie zu trösten. So sind wir dann aufgebrochen. Für Patrick ist der Besuch der Schwiegereltern aber alles andere als der sprichwörtliche Sonntagsausflug und behaftet mit jede Menge Schwierigkeiten. Für ihn gelten gegenüber Pamelas Mutter die gleichen Regeln wie umgekehrt für Pamela gegenüber Patricks Vater. Sie dürfen sich vor der Heirat nicht im gleichen Raum aufhalten und sich auch nicht direkt in die Augen schauen, face-to-face sozusagen. Zusätzlich ist es für Patrick, der Pamela unehelich geschwängert hat, äußerst schwierig, Pamelas Vater gegenüberzutreten. Bis er das Brautgeld „Lobola“ bezahlt hat, gilt er als derjenige, der der Familie großen wirtschaftlichen Schaden zugefügt hat. Eine schwierige Konstellation also, in der wir uns alle zusammen befanden. Wir für uns hatten uns vorgenommen, hier nur den Chauffeur zu machen und ein bisschen auch zu Patricks Stärkung mitzufahren und mit Patrick nach einiger Zeit bei den Eltern deren Zuhause zu verlassen, um der Familie, sprich Pamela und ihren Eltern ein wenig Zeit mit den lange nicht gesehenen Enkeln zu lassen.

Generell ist das Gefangensein einerseits in den strengen Regeln der Zulu-Tradition und andererseits doch Leben in einer moderner werdenden Welt für die junge Generation ein sehr großes Dilemma. Es ist für Patrick momentan ein Problem, das er unmöglich lösen kann. Er hat nun 2 Kinder und eine Freundin, die er sehr gerne heiraten möchte. Das geht jedoch nicht, da er das Brautgeld Lobola (11 Kühe) und die Entschädigung für Pamelas Eltern für die vorehelichen Kinder (2 Kühe) nicht aufbringen kann. Schon alleine die 11 Kühe sind eine Summe, die die meisten jungen Zulu-Männer nicht mal annähernd aufbringen können. Die Höhe des Lobola wurde einst vom Zulu-König festgesetzt, stammt jedoch aus einer Zeit, als die Familien noch großen Viehbesitz hatten und es kein großes Problem darstellte, diesen Brautpreis zu bezahlen. Doch nun ist es in ganz Zulu-Land anders. Die Menschen sind im größten Teil wirklich arm und nicht in der Lage, auch nur eine annähernde Summe aufzubringen. Man muss mal den Vergleich sehen: 11 Kühe sind so im Durchschnitt ca. 80.000 Rand (10 Rand ca. 1 €). Ein Zulu-Mann, wenn er denn Arbeit hat (Arbeitslosenquote ca. 40 %), verdient für einfache Tätigkeiten ca. 1200 – 1600 Rand. Das reicht vielleicht gerade einigermaßen für das Überleben und versorgen einer meist sehr großen Familie. Aber wie sollen davon 80.000 Rand angespart werden? Es ist unmöglich. Aber das Dilemma geht noch weiter. In ländlichen Gegenden ist die Tradition noch stark. Sie verhindert in Patricks Fall auch, dass Patrick und Pamela unverheiratet zusammenleben dürfen und damit auch, dass die Mutter in diesem Fall bei ihren Kindern ist. Denn unverheiratet darf Pamela nicht auf dem Grundstück von Patricks Vater wohnen, wo Patrick ja nun ein eigenes Haus gebaut hat. Es ist wirklich ein Drama, in welchem Spannungsfeld die jungen Menschen hier leben. Dabei ist sicher nicht alles falsch, was die Tradition lehrt. Wie überall auf der Welt müssen die Regeln der Tradition aber an die veränderten Lebensverhältnisse angepasst werden. Aber wie überall ist das ein langer und sehr mühsamer Weg. In den städtischen Gegenden haben die Traditionen schon an Kraft verloren und die zwei könnten wahrscheinlich mehr oder weniger ungestört zusammen leben, müssten sich eben „nur“ gegen den Willen der Eltern durchsetzen. Auf dem Land ist das jedoch unmöglich.

Was Patrick betrifft, so sehen wir ihn in einem derzeit wirklich unlösbaren Konflikt. Wir werden sehen, wie das weitergeht. Auch darüber haben wir mit ihm ausführlich gesprochen. Leider konnten wir ihm hier keinen Rat geben. In so vielen anderen Lebenssituationen konnten wir ihm sinnvolle Ratschläge geben, die er ganz begierig anhörte, teilweise sogar einforderte. Wir merken bei ihm sehr stark, wie wichtig es für einen jungen Menschen ist, ernst genommen zu werden mit seinen Sorgen und Fragen. Nicht erst von Patrick erhielten wir den Titel „Mother & Father“ (Mutter & Vater). Schon in unserer Zeit in Namibia wurde uns diese Anrede mehrfach entgegengebracht. Zum einen als Respektsbezeugung, aber auch, um uns die Wichtigkeit unserer Beziehung zu den Menschen dort zu unterstreichen. Für uns, die wir leider keine eigenen Kinder haben, war das am Anfang doch mehr als ungewohnt. Und oft kokettierten wir noch mit der Frage „do we look so old?“ (schauen wir denn schon so alt aus?). Wenn die Antwort „Yes“ dann immer kam, blieb uns zunächst die Sprache weg, bis uns erklärt wurde, dass es weniger was mit dem äußerlichen Aussehen zu tun hat, sondern mit der Art und Weise, wie man unsere Fürsorge und unsere für die meisten Afrikaner ungewohnte Art der Beziehungspflege einzuordnen versucht. Am nächsten kommt das eben wohl der intensiven Beziehung zu Mutter und Vater. So konnten wir es mit der Zeit annehmen lernen und erleben diese Anrede mittlerweile als großes Kompliment. Ist sie doch Ausdruck einer engen Beziehung zu unseren einheimischen Freunden hier. Aber trotz allem ist es ungewohnt, auch wenn uns dieser Titel in den zurückliegenden Wochen von mehreren Seiten verliehen wurde. Es unterstreicht einmal mehr, wie viel Verantwortung wir auch in unserem Umgang mit den Freunden hier haben. In vielem sind wir ein Beispiel und auch Botschafter einer anderen, ihnen unbekannten Welt.

Und auch sonst ergaben sich in dieser Woche unzählige Punkte, zu denen Patrick uns zu diesem und jenem befragte, was er nicht wusste. Lernbegierig ist sicher der richtige Ausdruck dafür. Wie schlecht die Schulausbildung hier im südlichen Afrika ist, das ist uns in den zurückliegenden 4 Wochen auch klar geworden, wir hatten hierüber ja schon geschrieben. Und das nicht nur deshalb, weil viele Kinder wegen der Schulgebühren - und sind sie noch so gering - nicht in die Schule können. Nein, auch die, die bis zur 12. Klasse im Unterricht waren und einen Abschluss haben, sind mit einem deutschen Schulabschluss der 9. Klasse nicht annähernd vergleichbar. Hier gibt es so unendlich viel zu tun und dabei ist klar, dass es ohne gute Bildung auch keinen Fortschritt in den anderen Problemfeldern dieses Landes geben wird.

Der Empfang bei Pamelas Familie war sehr freundlich, wenn es auch mit der Kommunikation mehr als schwierig war, da es hier mit Englisch nicht so leicht ging wie bei Patricks Familie. Zusätzlich zur Zulu-Sprache, die in Patricks Familie gesprochen wird, ist hier Sesotho, die Kommunikationssprache, eine weitere der 11 offiziellen Landessprachen Südafrikas. Doch mit Pamelas Hilfe ging es. Für uns war es allerdings auch ganz arg schlimm, Patrick zu beobachten, wie befangen und „verklemmt“ er in der einen Zimmerecke hockte und sich zumeist hinter Christina versteckte. Auch Pamelas Eltern machten eine Ausnahme extra für uns und baten Patrick mit ins Wohnzimmer. Pamelas Eltern wohnen ganz ähnlich wie Patricks Eltern, ihr Haus in ein wenig hochwertiger und die Wohngegend nicht ganz so ländlich, dafür spielt sich aber das Leben hier für die vielen darin wohnenden Familienmitglieder sehr beengt und nur auf wenigen Quadratmetern ab.

Nachdem wir mit Patrick ca. 2 Stunden alleine unterwegs waren, haben wir den Rest der Familie eingesammelt und sind dann den Rückweg angetreten. Wie groß die Anspannung bei der Hinfahrt war, konnten wir bei der Rückfahrt merken. Auf einmal wurde auf der Rückbank gescherzt und erzählt und erzählt, es fand kein Ende. Die Hinfahrt hatten unsere Passagiere fast schweigend und kleinlaut auf dem Rücksitz verbracht und Christina hatte ihre liebe Not, eine immer schon nach 2-3 Sätzen endende Konversation in Gang zu halten. Der Besuch an sich aber scheint ein voller Erfolg gewesen zu sein. Vielleicht ein erster Schritt für Patrick in Richtung Heirat. Denn will er einen Schritt in diese Richtung machen, geht es zuerst darum, die Höhe des Lobola (Brautgeldes) auszuhandeln. Das muss er mit dem Vater von Pamela tun. Dass es da einen gewissen Verhandlungsspielraum gibt, haben wir heute auch dazu gelernt. Generell waren diese Tage für uns hier in der Amazizi-Region mal wieder sehr dicht. Das gilt natürlich für die ganzen Aktivitäten, aber auch emotional haben uns diese Tage sehr gefordert und wir freuen uns, die nächsten Tage nur die Natur zu genießen und einfach „nur“ touristisches Programm zu haben.

 

Montag, 28. Dezember – Dienstag, 05. Januar 2010:

Kwazulu-Natal extended
 

Diese Woche haben wir eine Rundreise durch den Bundesstaat Kwazulu-Natal gemacht. Kwazulu-Natal ist eine der abwechslungsreichsten Regionen Südafrikas und die ursprüngliche Heimat des mit 10 Millionen zahlenmäßig größten Volksstammes, den Zulus. Nach Westen wird Kwazulu-Natal von den Drakensbergen begrenzt, die fast 3400 m hoch sind. Im Osten befindet sich die Grenze zu Swaziland und Mosambik. Im Süden liegen die tollen Strände des indischen Ozeans. Im Norden grenzt Kwazulu-Natal an die Bundesstaaten Mpumalanga, Gauteng und Freestate. Unsere Route führte uns zuerst entlang unserer geliebten Drakensberge nach Süden. Diese Berge haben es uns echt angetan. Sie sind einerseits schön und exotisch zugleich. Jetzt im Sommer sind sie ganz grün und erinnern uns sehr an die steil abfallenden Küsten Hawaiis, vor allem an Kauai. Unser Ziel war wieder mal der Sani-Pass. Auf der letzten Reise sind wir diesen Pass ja schon mal von Lesotho her kommend mit dem Auto ins Tal abgestiegen (denn fahren ist bekanntlich anders). Damals ja leider in einem großen Gewitter und unter Zeitdruck (siehe Bericht der letzten Reise). Das wollten wir diesmal besser machen, doch leider haben wir noch keine Möglichkeit gefunden, den Wettergott zu beeinflussen. Schon morgens, als wir in unserer Lodge in Nottingham Road aus dem Fenster schauten, wussten wir, dass wir auch diesmal nicht vom Wetterglück verfolgt sein werden. Der Sani-Pass ist einer der sechs steilsten Gebirgspässe der Welt. Auf einer Strecke von ca. 6 km steigt er um ca. 1300 Höhenmeter. Der Pass ist nur mit einem Geländewagen mit 4x4-Antrieb zu bewältigen. Die Straße, wenn man die so bezeichnen möchte, sieht an vielen Stellen eher wie ein Gebirgswanderweg aus und manchmal ist sie nicht mal das.

Aber frohgemut, wie meistens, machten wir uns mit unserem für dieses Vorhaben wirklich perfekten Geländewagen auf den Weg. Die Regenwolken hingen ziemlich tief und die Berge, in die es gehen sollte, waren gar nicht zu sehen. Der südafrikanische Grenzübergang am Fuße des Passes lag noch unterhalb der Wolkendecke. Doch schon wenige Meter bergauf stießen wir in die Wolken vor. Da hat dann der Spaß tatsächlich aufgehört. Wir sahen keine 10 m weit mehr und das bei einem Weg, der beim Befahren davon lebt, dass man sehen kann, wohin man fahren bzw. in welche Untiefen man einsteigen muss. Es war echt der Hammer und mehr als einmal stand plötzlich ein entgegenkommendes Fahrzeug vor uns. Dann hieß es entweder vor oder zurück und das bei Sicht gleich null. So haben wir uns Meter um Meter vorgetastet, im wahrsten Sinne des Wortes. Von der atemberaubenden Aussicht, die man hier haben sollte, haben wir nun schon zum zweiten Mal nichts gesehen. Das Unglaubliche aber war, dass wir, als wir nach 45 heiß durchkämpften Minuten auf Passhöhe ankamen, erst recht nichts mehr sahen. Denn auf einen Schlag war der Nebel weg und wir standen in gleißenden Sonnenschein. Die Wolken wurden förmlich von den steil abfallenden Felsen aufgehalten. Happy, auch diese Challenge (Herausforderung) erfolgreich gemeistert zu haben, sind wir zum Lesotho-Grenzposten vorgefahren, um unsere Einreise-Visa zu beantragen. Und da sahen wir dann auch die Bescherung. Ein Hinterrad hatte einen Fast-Platten. Uli ist die paar Meter dann noch gefahren bis zu unserer Unterkunft direkt auf der Passhöhe, den Sani-Top Chalets. Dann einchecken in die wirklich schön eingerichteten Rundhütten, sogar mit offenem Kamin, den wir bei den 12 °C Außentemperatur sicher benützen würden. Dann zuerst mal Reifen wechseln. Nicht auszudenken, wenn die Reifenpanne irgendwo mitten beim Passaufstieg aufgetreten wäre. Der Reifenwechsel war so schon schwierig genug. Glücklicherweise kam uns gleich ein sehr netter Basotho (Volksstamm in Lesotho) zu Hilfe, was die ohnehin Schwerstarbeit ein bisschen vereinfacht hat. Auch hat er uns auf afrikanische Weise (man stopfe mit einem Allround-Werkzeug einfach ein Stück Kautschuk in das durch einen keilspitzen Stein verursachten, ca. 1-2 cm große Loch und pumpe dann erneut auf) den kaputten Reifen zumindest soweit hergestellt, dass wir ihn im Notfall eines Notfalls hätten als Ersatzreifen nutzen können. Nach1,5 Stunden war dann der Ersatzreifen auf der Achse und der reparierte Reifen im Kofferraum. Wieder ein kleines Abenteuer mehr auf dem Reisekonto und jede Menge Bewahrung, dass uns das nicht beim Passaufstieg ereilt hat.







Die Passhöhe befindet sich auf 2875 m und lag im schönsten Sonnenschein. Unter uns die Wolkendecke, durch die wir uns den Pass hinauf gekämpft hatten. Ein wahrlich tolles Schauspiel. Nach dem Reifenwechsel hatten wir uns dann einen Kaffee und eine heiße Schokolade im „Highest Pub of Africa“ (höchstes Pub Afrikas) verdient. So der aufregende Titel unserer Unterkunft. Die Berghütte / Restaurant sind wirklich super eingerichtet, wenn man bedenkt, wie abgelegen alles hier liegt. Wir freuten uns auf die zwei Übernachtungen hier oben und auf unsere gemütliche Rundhütte, in der wir nach einem super Hütten-Abendessen mit vielen interessanten Leuten und einer Gesangseinlage der Belegschaft, bei Kaminfeuer wie üblich einen guten südafrikanischen Rotwein genossen, den fast obligatorischen „Abrundungs“-Amarula nicht zu vergessen. Hier oben sind wirklich viele urige Typen zu Gast, viele 4x4-Freaks, denn der Pass ist eine der beliebtesten 4x4-Strecken in Südafrika, aber auch Wanderer, Motorrad-Biker, Radfahrer.

Nach dem Frühstück am nächsten Tag hat Uli bei schönstem Sonnenschein eine kleine Wanderung am Rand der Klippen entlang gemacht, um ein schönes Foto des gesamten Sani-Passes zu machen. Die Gegend ist atemberaubend. Das Hochland von Lesotho stürzt am Rande der Drakensberge einige hundert Meter senkrecht ab. Die Aussicht vom Abbruchrand Richtung Südafrika war an diesem Tag fantastisch. Die Sicht betrug bestimmt über einhundert Kilometer. Christina konnte die Wanderung leider nicht mitmachen. Die sehr aktiven Tage in den Drakensbergen haben ihrem linken Fuß doch sehr zugesetzt und sie musste schon die letzten Tage immer öfter auf die aus Deutschland mitgeschleppten Krücken zurück greifen. Also hat sie sich auf die Aussichtsplattform der Sani-Pass-Hütte gesetzt und sich die Sonne aufs Haupt strahlen lassen und die vielen Sani-Pass-Pilgerer beobachtet, die den Pass mit den abenteuerlichsten Gefährten erklommen haben.
 


 

 

 

Am Nachmittag haben wir dann eine kleine Rundfahrt im Lesotho-Hochland unternommen. Bei der letzten Fahrt hier hatten wir ja keine Zeit für Foto-Stopps, da wir die Grenzstation zur passenden Uhrzeit erreichen mussten. Das Fotografieren haben wir nun dieses Mal in Ruhe nachgeholt.

Am nächsten Morgen sind wir sehr früh gestartet, denn es stand der Pass-Abstieg bevor und eine ziemlich weite Strecke zum nächsten Quartier. In Afrika sind 350 km eine weite Distanz, auch in Südafrika, wo es doch einige sehr gut ausgebaute Straßen gibt. Aber der Zustand der Straße lässt sich oft nicht aus der Straßenkarte erkennen. An diesem Morgen hatten wir nun perfektes Wetter für den Pass-Abstieg. Und durch unseren frühen Aufbruch hatten wir fast keinen Gegenverkehr und auch in unsere Richtung waren wir wohl die, die am zeitigsten aufgebrochen waren. Das hat Uli für viele Foto-Stopps genutzt. Und mit Ulis inzwischen doch einigermaßen ausgebildeten 4x4-Erfahrung haben wir die Passstraße problemlos und mit Spaß gemeistert.

Tagsüber fuhren wir quer durch Kwazulu-Natal, das sich fortlaufend von einem Kilometer zum nächsten verändert. Silvestermorgen in Südafrika: auf den Straßen der kleinen und bunten afrikanischen Städte pulsierte das bunte und improvisierte Leben der Menschen wie an wenig anderen Tagen. Alles war unterwegs, das letzte Geld des Jahres (wenn denn noch welches von Weihnachten übrig war) unters Volk zu bringen und eine Fahrt durch eine südafrikanische Kleinstadt, in der man nur schrittweise durchs Gewühl voran kommt, beeindruckt uns doch immer wieder. Nicht zu vergleichen mit unseren deutschen oder europäischen Verhältnissen. Die Buntheit, die wir in Afrika an so vielen Stellen erleben, wird in solchen Minuten des Städte-Passierens noch mal auf ganz eigene Weise lebendig. Auch außerhalb der kleinen Städte ging es fröhlich zu. Da es ein heißer Tag war, kamen wir an einigen Flüssen mit badenden Kindern vorbei. Außerdem waren viele Leute in ihrer Nationaltracht unterwegs, auf dem Weg zu abendlichen Tanz- und Gesangsveranstaltungen. Die Landschaft wechselte von ausgedehnten Eukalyptus-Wäldern, die hier zur Papierherstellung verwendet werden und aus der Ferne aussehen wie unser Schwarzwald, zu mexikanisch anmutenden Steinwüsten, gespickt mit Yucca-Bäumen zu tausenden. Dann wieder dicht besiedelte Gebiete, die sich mit grell-bunten und auch in Erdtönen gehaltenen Rundhütten und Krals schmücken und in denen Mensch- und Tierleben an jeder Ecke, manchmal auch direkt auf der Straße, pulsiert. Auch das fasziniert uns immer wieder neu an Südafrika: man fährt quasi über den nächsten „Buckel“ und steht in einer völlig neuen Welt.

Die Unterkunft, in der wir die nächsten 2 Tage verbrachten, liegt im absoluten Busch-Niemandsland. Zur Lodge gehören ca. 4000 ha Buschland, in dem jede Menge Antilopenarten, Giraffen, Zebras usw. leben. Kaum angekommen, starteten wir schon zu einem Sundowner-Game-Drive (Sonnenuntergangs-Tierbeobachtungs-Fahrt, denn „game“ meint hier das englische Wort für „Wild“). Es ist einfach toll, durch den afrikanischen Busch gefahren zu werden. Es wurde dann eine richtige Nachtfahrt daraus mit Suchscheinwerfer. Richtig aufregend wird es dann, wenn einem unzählige reflektierende Augenpaare aus der Dunkelheit anfunkeln. Ein tolles Erlebnis diese Ausfahrt. Entgegengesetzt „mager“ fiel unser weiterer Silvesterabend aus. Der lange Tag forderte seinen Tribut. Nach einem Abendessen fielen wir erschöpft gegen 23 Uhr ins Bett (22 Uhr deutsche Zeit), tja und die letzte Stunde des ausgehenden Jahres 2009 und die erste Stunde des neuen Jahres 2010 haben die Strohms für ihre Verhältnisse auf ziemlich untypische Weise zugebracht, nämlich schlafend.

Den ersten Tag des neuen Jahres 2010 haben wir mit Ausruhen verbracht. Uli hat feste an unserem Internet-Tagebuch geschrieben. Die Zeit, die er dafür braucht, ist enorm, aber er macht es mit Begeisterung. Christina hat sich indessen auf ihre Kreativworkshops in Kapstadt vorbereitet, die nun schon in greifbare Nähe rücken.

 

Das Abendessen am Neujahrstag gab es in einem Zulu-Kral nicht weit entfernt von der Lodge, jedoch nur noch zu Demonstrationszwecken bewohnt ist. Zulu-Kinder und -Jugendliche haben den Gästen einige ihre Tänze und Gesänge vorgetragen. Wir haben bei solchen Veranstaltungen immer ein zwiegespaltenes Gefühl. Zum einen interessiert uns die Kultur sehr und die der Zulu ist besonders abwechslungsreich, zum anderen hat so eine Veranstaltung immer ein wenig den Show- und vielleicht sogar Zoo-Charakter. Aber in dem Fall haben wir uns damit getröstet, dass die Kids im Gegenzug für ihre Traditions-Darbietungen von der Lodge eine gute Schulausbildung gesponsert bekommen und somit zugleich Tradition pflegen und etwas für ihre Zukunft tun. Von einer Zulu-Frau bekamen wir dann auch noch eine sehr ausführliche Einführung in die Zulu-Kultur. Vieles davon war uns schon bekannt von Patrick und Familie, aber auch einiges Neues haben wir erfahren. Aber auch hier tauchte wie so oft im Verlauf unserer Reise wieder die große Frage auf, wie der Brückenschlag zwischen wertvoller Tradition und modernem Leben gelingen kann.

„Unsere“ Zulu-Frau Cynthia war sehr offen und konnte jedoch auch keine Lösung anbieten. Für sich selbst hatte sie entschieden, arbeitenderweise für ihr eigenes Leben zu sorgen und ein Maximum an zusätzlicher (Aus-)Bildung sich zu erarbeiten, um unabhängiger von der sehr patriarchisch geordneten Zulu-Tradition zu leben. Das Essen haben die Angestellten der Lodge in Zulu-Tradition auf offenem Feuer in gusseisernen Potjes (Töpfen) gekocht. War ausgesprochen lecker und das Essen unter freiem Himmel am Lagerfeuer war stilvoll und geheimnisvoll zugleich. Um uns rum die Geräusche des afrikanischen Busches, die Sicht begrenzt bis zum Lagerfeuer und darüber hinaus einfach das Dunkel der Nacht, das an diesem Abend aber immer wieder und auch in immer kürzeren Abständen von heftigen und schnell näher kommenden Blitzen erleuchtet wurde. Bis uns schließlich das unweigerlich folgende, starke Gewitter zurück in die Lodge trieb. Auch wieder ein sehr prall gefüllter Abend, der uns dank der offenen Erzählungen von Cynthia einiges an Denkarbeit mit auf den Weg gegeben hat.
 

Die „eigentlichen touristischen Sehenswürdigkeiten“ in der Nähe der Lodge sind die Battlefields, die einerseits der Schauplatz der Kriege zwischen Buren und Engländern, aber auch der einheimischen Zulus gegen die europäischen Eroberer waren. Eigentlich wollten wir das auf der Weiterreise am nächsten Morgen anschauen, aber der Versuch, in der Lodge den nächsten Teil von Ulis Internet-Tagebuch über den Arbeits-PC irgendwie zu Mathias nach Deutschland zu bringen, endete in einem knapp halbtägigen Computer-Desaster zwischen langsamer 56k-Verbindung, Verbindungsabbrüchen, Browserversagen usw. Als wir dann endlich am frühen Nachmittag frustriert und erfolglos aufgebrochen sind, mussten wir den Besuch der Battlefields auf ein nächstes Mal verschieben. Nicht aus Geschichts-Desinteresse, obwohl wir in dem Fall vielleicht ein klitzekleines bisschen zugeben müssen, dass uns zumeist andere Geschichte als Schlachtenschauplätze eher interessiert. Dennoch wollen wir uns auch solcher Geschichte nicht entziehen, denn immer gehört alles zusammen, um sich ein Bild von dem Land zu machen, in dem man sich gerade aufhält.

Wir haben unsere Fahrt also fortgesetzt in eines der schönsten Naturschutzgebiete Südafrikas, dem Ithala Game Reserve (auch hier steht „game“ wieder für „Wild“). Unterwegs suchten wir die kleinen Städte, die wir passierten, nach Internet-Cafés oder ähnlichem ab, aber entweder gab es keine und wenn wir dann kleine Buden fanden, die sich so nennen, waren diese am Samstagnachmittag um 16 Uhr schon lange geschlossen. Nichts ist in Südafrika so „deutsch“ wie bei uns in Deutschland vor 20 Jahren noch die Öffnungszeiten. An normalen Tagen schließen alle Geschäfte außer Lebensmittelgeschäften schon um 17 Uhr, die Supermärkte haben meistens etwas länger bis 19 oder 20 Uhr geöffnet, aber auch nicht immer. An diesem Samstag, dem 2. Januar, hatten viele Geschäfte schon gar nicht aufgemacht. Als Christina in einem Geschäft, in dem sie Erkundigungen einzog, nach dem Grund hierfür fragte, hieß es, die Leute hätten zu Jahresanfang ohnehin kein Geld und deshalb würde es sich nicht lohnen zu öffnen. Tja, auch das ist in Afrika anders: Konjunktur wird eben so genommen, wie sie möglich ist, externe Ankurbelung Fehlanzeige. Nachdem wir unsere Suche nach Internet-Möglichkeiten aufgegeben hatten, trafen wir am späten Nachmittag also am Ithala Game Reserve ein. Das liegt ganz im Osten Kwazulu-Natals, an der Grenze zu Swaziland. Es ist ein sehr großes Gebiet, rund 30.000 ha, das im Großen und Ganzen aus ziemlich bergigem bzw. hügeligem Gelände besteht. Es ist wirklich eine ausgesprochen photogene Landschaft. Die Kuppen der Erhebungen sind meist ohne Busch- oder Bauwerk, also Grassavanne, die Täler dagegen sind dicht mit Buschwerk bewachsen. Der Park ist zum Selbstfahren ausgelegt und das geht perfekt. Meist sind es Schotterwege, aber er gibt auch ein paar spezielle 4x4-Routen, die wir natürlich alle abgefahren sind. Es hat sehr viel Spaß gemacht. Einmal die tolle Landschaft und dann die wilden Tiere. Das kann man sich gar nicht so richtig vorstellen, wenn man noch nicht selbst in Afrika war. In den Schutzgebieten leben die Tiere absolut wild, haben aber nicht so sehr Scheu vor den Besuchern, denn sie wachsen mit den Autos der Parkbesucher auf und wahrscheinlich betrachten sie diese als Tiere, die ihnen nie zu nahe kommen und immer im respektvollen Abstand stehen bleiben. Dann schauen aus diesen „motorgetriebenen Tieren auf 4 Rädern“ immer ein paar kuriose neugierige Gestalten mit 2 Augen raus, fahren dann aber weiter. So fährt man also durch das riesige Gelände und hält Ausschau nach den Tieren. Wenn man Glück hat, so wie wir in den zwei Tagen, dann bekommt man die meisten der hier lebenden Tiere mal zu Gesicht. Um Euch Leser ein wenig neidisch zu machen, möchten wir hier unser Sightings (Sichtungen) mal aufzählen: 11 Nashörner, ca. 20 Giraffen, 1 Leopard !!!! - sehr selten -, unzählige Zebras, Gnus, Impalas, Eland-Antilopen, Paviane, Tsessebe-Antilopen (gehören zu den weltweit vom Aussterben bedrohten Tierarten) usw. Für Tierliebhaber ist so ein Nationalpark echt das Paradies. Es macht im wahrsten Sinne des Wortes tierisch Spaß, so auf Fotopirsch zu gehen. Aber nach 2 Tagen, an denen wir bestimmt zusammen ca. 14 h rumgefahren sind, ist dann irgendwann gut. Dann sind die Augen müde, immer das Buschdickicht nach Getier zu durchleuchten. Aber am Ende eines Aufenthaltes in einem Schutzgebiet sind wir immer ganz beseelt von der Schönheit der Natur und der Leidenschaft, mit der diese in diesen Gebieten von den Verantwortlichen geschützt und verteidigt wird. Was wäre, wenn der Schutzgedanke zu spät aufgekommen wäre. In der Zwischenzeit ist es so, dass immer mehr Regierungen, vor allem auch hier in Afrika, das Potential eines Schutzgebietes für ihre Länder erkennen. Immer mehr Gebiete werden unter Schutz gestellt. Denn mit den geschützten Tieren und der Natur kommen die Touristen und die sind in weiten  Teilen Afrikas die Wirtschaftskraft Nummer 1 oder werden es in Zukunft werden. Bleibt zu hoffen, dass diese Entwicklung im beiderseitigen Nutzen endet. Dem der Natur und dem der einheimischen Bevölkerung, die am Tourismus verdient und ihren Lebensunterhalt damit bestreiten kann.

Eine wieder erlebnisreiche Woche in einem der vielleicht abwechslungsreichsten Teile Südafrikas, geht mit der langen Fahrt nach Johannesburg zum Flughafen für den Weiterflug nach Kapstadt zu Ende.
 


 

 

 

 

 

 

 

 

Samstag, 16.01.2010

Exploding Cape of Good Hope Emotions – Cape Town vibrating by share for life

Explodierende Gefühle am Kap der Guten Hoffnung – share for life mischt Kapstadt auf

Unser letzter Reiseabschnitt führte uns nach Cape Town, der pulsierenden südlichsten Weltstadt am Kap der Guten Hoffnung.

Für die erste Woche hatten wir uns im Rahmen unseres Vereins ‚share for life‘ das erste größere, ganz eigenständige Projekt in Afrika vorgenommen. Ein Workshop für Kinder im Township Langa, dem ältesten Township von Kapstadt. Einen eintägigen Workshop hatten wir ja bereits im Sprinkle-Waisenhaus in Kwazulu-Natal abgehalten, dessen Bau wir ja seit ca. 3 Jahren unterstützen. Seit Februar 2009 ist das Waisenhaus in Betrieb (wir berichteten schon darüber) und liegt uns auch jetzt, da es die Heimat von 24 Waisenkindern ist, sehr am Herzen. Der Workshop dort hat für viel Freude bei den Kindern und auch bei uns gesorgt, so dass unsere Vorfreude auf die 3 Kreativ-Tage mit den Kindern in Langa  immer größer wurde.

Der erste Tag der für uns insgesamt 4 Tage, die wir für den Workshop geplant hatten, war den Vorbereitungen gewidmet. Unsere Freundin und Partnerin Neo vor Ort in Langa hatte schon glänzend vorgesorgt und so brauchten wir uns um einen Arbeitsraum und die Auswahl der Kinder keine Gedanken zu machen, das war bereits ihrerseits erledigt. Sie hatte die Räume einer Child Creche, - einer Kindertagesstätte für Kinder im Vorschulalter -, zugesagt bekommen und diese Räumlichkeiten waren geradezu ideal für unser Vorhaben. Nicht nur, dass diese Creche überdurchschnittlich ausgestattet war: Z.B. hatten wir ca. 19 kleine „Schulbänke“ mit Kinderstühlen dazu zur Verfügung. Alle Räume hatten eine vorgelagerte überdachte Patio von ca. 3 m Breite, so dass wir kurzerhand unseren „Arbeitsraum“ nach draußen in die beschattete Patiofläche verlegt haben. Eine Küche war ebenfalls vorhanden, die wir zum Versorgen der Kids mit Essen und Trinken benutzt haben. Christina hat den großen Tisch in der Küche gleich als ihren Vorführbereich eingenommen. Alles war wie für unsere Arbeit gemacht. Wie schon erwähnt, hatte Neo die Kinder ausgesucht. Neo ist die gute Fee der Township-Community und zwar nach sozialen Gesichtspunkten. Sie hat Kinder eingeladen, von denen sie wusste, dass solch ein Workshop etwas Licht in ihren sonst trüben Alltag bringen könnte, also vorwiegend Kinder aus schwierigen Verhältnissen, mal ganz vorsichtig ausgedrückt.

Der Nachmittag des ersten Tages war dann den erforderlichen Material- und Nahrungsmitteleinkäufen gewidmet. Zum Glück kennen wir uns nun in Südafrika und Kapstadt schon ein wenig aus und so konnten wir ganz gezielt die nötigen Läden ansteuern. Und pünktlich zum Verkaufsschluss um 19 Uhr hatten wir alles beisammen. Neo hatte am Nachmittag kurz erwähnt, dass sie gerne mit uns am Abend an der Waterfront zu einem Konzert gehen würde. Es stellte sich heraus, dass es eine von Ulis südafrikanischen Lieblings-Bands ist, die  da spielen sollte, nämlich die Ladysmith Black Mambazo Band. Und Neo konnte dann sogar noch ganz afrikanisch Karten dafür besorgen. Sie telefonierte ein wenig herum und dann war alles geritzt und es waren sogar Freikarten. Das Konzert war wirklich spitze und fand vor unglaublicher Kulisse statt. Die Bühne war im Hafenwasser der Waterfront aufgebaut mit dem Tafelberg im Hintergrund. Die Zuschauer saßen auf einer Tribüne auf der Hafenmole. Ein wenig wie bei den Bregenzer Festspielen. Es war ein tolles Erlebnis für unseren ersten richtigen Abend in Cape Town. Am Abend zuvor waren wir ja aus Johannesburg mit dem Flieger angekommen und da hatten wir nur noch Zeit für eine Fahrt entlang dem weltbekannten Chapman’s Peak-Drive und zu einem Abendessen in Noordhoek, wo wir eine super Bleibe in Strandnähe für die Zeit in Kapstadt gefunden haben. Bzw. die Tage mit den Kinder-Workshops haben wir in Ma Neo‘s Bed & Breakfest direkt im Township Langa gewohnt. By the way: Können wir jedem Kapstadt-Reisenden nur empfehlen, der mal ein wenig mehr von der Lebensweise der schwarzen Südafrikaner mitbekommen möchte. Da taucht man schon ganz schön weit ein in das „normale“ Südafrika und das auf absolut sichere Weise. Neo‘s Place ist sehr sicher und sie führt die Besucher meist selbst durchs Township, wenn man sich das mal aus der Nähe anschauen möchte. Die Zimmer und der Service bei ihr sind perfekt und dazu ist die Unterkunft auch noch günstig. Familienanschluss inklusive, wenn man das möchte.

Am nächsten Morgen waren wir dann doch ganz schön aufgeregt, denn um 10 Uhr sollte der Workshop beginnen. Um 8 Uhr sind wir aufgebrochen, denn wir wollten die Arbeitsplätze für die Kids herrichten (wir haben natürlich alle Tische mit Schutzpapier versehen – Christinas Freudenstädter Kalligraphie-Kollegen wissen, wie das aussieht, grins) und natürlich sollte auch Christinas Arbeits- und Vorführtisch für den Kinderansturm bereit sein. Und das war er, als alle 16 eingeladenen Kids dann relativ pünktlich eintrudelten. Ein besonderes Highlight der Workshop-Tage war für uns die unverhoffte Erlaubnis, unsere SOS-Kinderdorf-Patentochter Essie (Esmerelda) für alle 3 Tage mit zum Workshop dazuholen zu dürfen. Was zunächst einfach nur als weitere Kontaktpflege mit Essie gedacht war, entpuppte sich schon nach den ersten gemeinsamen Augenblicken mit Essie als regelrechte Bereicherung unserer Workshops. Mehr aber noch hat es die Beziehung zu Essie definitiv gefestigt und wir sind uns in diesen Tagen so nahe gekommen, dass wir ganz sicher auch auf eine gemeinsame Zukunft mit Essie blicken können. Sie hat sich in diesem letzten Jahr, seit wir sie zuletzt im Dezember 2008 gesehen hatten, so außergewöhnlich verändert, ist überhaupt nicht mehr schüchtern und hat sich völlig unbefangen und ungezwungen mit uns bewegt, als gehöre sie einfach zu uns. Sie war offen, gesprächig, wissbegierig und es hat ihr sichtlich stolze Freude bereitet, ein besonderer Teil unseres Lebens zu sein. Schon am Ende des ersten Workshop-Tages stellte sich heraus, dass Essie mit Abstand die beste Workshop-Teilnehmerin war, die nicht nur immer sehr vorzeigbare Ergebnisse hatte, sondern auch immer so schnell von Begriff und so fix fertig war mit den Aufgaben, dass sie den anderen assistierend zur Hand gehen konnte. Und am Ende des 3. Tages war sie quasi eine Art persönliche Assistentin von Christina, was sie mit großem Stolz erfüllt hat, der ihr aus allen Knopflöchern strahlte. Sie war über die Weihnachts- und Neujahrs-Feiertage, die zugleich in Südafrika der Mittelpunkt der Sommerferien sind, bei einer Pflegefamilie außerhalb des Kinderdorfes zu Besuch gewesen. Eine Tochter dieses Hauses und zugleich Essies Freundin haben wir dann natürlich auch zum Workshop eingeladen. So kam es, dass nun anstatt der vorgesehenen 14-15 Kids unsere Arbeitsplätze bis zum letzten Tisch mit 18 Kindern voll belegt waren und es sollten noch mehr werden.

So konnten die Tage nun beginnen, die Christina mit einer kleinen Ansprache und der Vorstellung unseres kleinen Dreier-Teams begann. Dann ging es aber gleich an die Arbeit. Jedes Kind erhielt einen Namens-Button, den wir schon von zuhause mitgebracht und vorbereitet hatten.
Er hatte den Aufdruck: Sawubona Kids – hands on sharing magic moments – share for life e.V. Germany. Christina hatte es sich zur Aufgabe gemacht, die Namen aller Kinder mit der Zeit parat zu haben. Das war ganz schön schwer, bei den komplizierten afrikanischen Namen, aber sie hat es geschafft. Uli hat es erst gar nicht probiert, wenigstens ein paar Kids konnte er dann mit der Zeit mit Namen ansprechen. IsiXhosa, IsiZulu und sonstige Stammessprachen sind nicht für ihn gemacht. Aber dann ging‘s auch gleich zur ersten Übung. Christina schrieb die Namen der Kids in großen Lettern künstlerisch auf ein DIN A2-Blatt. Unsere Workshopteilnehmer durften die dadurch entstehenden Flächen dann mit Wasserfarben bunt gestalten. Das hat besser geklappt als wir dachten und die Ergebnisse konnten sich echt sehen lassen.

Eine Begebenheit soll nicht unerwähnt bleiben. Wir hatten 19 Tische und 18 Kids. Als es das erste Mal an die Tische ging, schnappten sich die Kids die Stühle, die vor den einzelnen Tischen standen und gruppierten sich zu acht um einen Tisch – so wie sie es eben von Schule oder Kindergarten gewohnt sind. Als sie dann erfuhren, dass jedes Kind EINEN GANZEN TISCH FÜR SICH ALLEIN??? Das wirft nicht gerade ein wohlhabendes Licht auf das hiesige Bildungssystem.

Christina hatte eine große Auswahl an Übungen und Aufgaben vorbereitet und so war der erste „Arbeitstag“ der Kids bald zu Ende. Die Workshop-Tage sollten eigentlich von 10-14 Uhr gehen. Für Essen und Trinken hatten wir ja gesorgt, so dass es zwei mal einen kleinen Snack und zum Mittagessen etwas Handfestes gab. Aber auch das Toben kam nicht zu kurz. Auch hierzu war die Creche mit ihre großen Freifläche und den paar Spielplatzgeräten geradezu ideal. Aber bei den geplanten Zeiten blieb es nicht. Jeden Tag wurde es deutlich länger, weil die Kids einfach Spaß hatten und eigentlich gar nicht heimgehen wollten. Bereits am ersten Tag mussten wir Kinder wegschicken. Es hatte sich herumgesprochen, dass hier etwas für Kinder geboten wird. Uns brach es fast das Herz, die bittenden Kids am Tor wegzuschicken, aber mit den 18 bzw. dann 19 Kids war ein betreuungsfähiges Maximum längst erreicht. Es waren fast schon zu viele für uns drei, denn wir wollten ja auch Zeit für jedes einzelne Kind haben.

Zu jeder Übung oder Aufgabe gab Christina den Kids auch eine Botschaft mit. Zu den vielen Arbeiten, bei denen der Name der Kinder eine Rolle spielte, hat sie den Kindern mitgegeben, wie wichtig jeder Einzelne ist und dass sein Name ein unverkennbarer Teil der Persönlichkeit ist. Namen spielen hier in Afrika noch mal eine ganz andere Rolle als bei uns in Europa. Jeder Name hat eine Bedeutung, nach der er für das Kind ausgesucht wurde und diese ist allen Kindern geläufig. Ein Punkt, an dem wir überall in Afrika mit den Kids ins Gespräch kommen. Natürlich fragen wir nach dem Namen und wenn dann die Bedeutung ins Gespräch kommt, ist man schon mittendrin in einer Unterhaltung. Neben allem Kreativen wurde aber von Christina auch die eine oder andere Geschichte erzählt. Es war ein Anblick für Götter, Christina inmitten der Kids zu sehen, die absolut gebannt ihre Geschichten verfolgten. Der Froschkönig z.B. auf Englisch von Christina erzählt und von Neo für die Kleineren der Kids auf IsiXhosa übersetzt. Die älteren der Kinder konnten mehr oder weniger gut English, so dass die Kommunikation mit ihnen ohne Dolmetscher funktionierte. Aber auch hier konnte Christina den Kids einen Ratschlag im Hinblick auf Versprechen halten usw. mitgeben. Es gab aber nicht nur Aufgaben mit Farbe, Pinsel oder Stift, sondern auch Arbeiten mit Knetmasse und sogar zwei kleine Faltbücher wurden hergestellt. Eins davon war ganz besonders. Dafür veranstaltete Uli am zweiten Tag mit allen Kindern eine Photosession. Jedes Kind durfte sich in 4 Posen präsentieren. Als Großaufnahme, nur als Portrait, nur mit der Augenpartie und einmal nur mit den Händen. Abends hat Uli dann die Fotos in einem großen Einkaufszentrum entwickeln lassen und am nächsten Tag konnten die Bilder in das Faltbuch geklebt werden. Papierfotos von sich zu in Händen zu halten oder gar selbst zu besitzen ist für afrikanische Kinder etwas ganz Besonderes, was sie normalerweise nicht kennen.

Diese 3 Tage waren ungeheuer intensiv, sowohl für die Township-Kids als auch für uns. Am letzten Tag, als es darum ging, alles Angefangene fertig zu machen, war es auch für die Teilnehmer richtig fordernd. Aber als alle dann gegen 19 Uhr den Heimweg antraten, hättet Ihr die leuchtenden Augen der Mädchen und eines Jungen mal sehen sollen. Das war echt eine Situation mit Gänsehautfaktor. Uns fiel es sehr schwer, uns von allen zu verabschieden. Es gab doch zu jedem der Kinder eine ganz besondere Beziehung am Ende dieser Zeit und wir wussten ja, dass wir frühestens in einem Jahr wieder da sein werden können. Es war alles in allem eine wunderbare Aufgabe und wir sind auch ein wenig stolz, dass das erste eigene Projekt unseres Vereins share for life e.V. ein so toller Erfolg war.

Hier in Cape Town haben wir wie immer in dieser Stadt einfach zu wenig Zeit. Zum einen, weil es eine absolut aufregende und pulsierende Stadt ist, in der man extrem viel Unterschiedliches unternehmen kann. Das ist jedoch für uns nicht der Grund, weshalb uns hier die Zeit mehr und mehr knapp wird, wenn wir nach Cape Town kommen.

Inzwischen kennen wir hier eine ganze Menge Leute, die wir gerne treffen und den persönlichen Kontakt suchen, der sonst das Jahr über nur mehr oder weniger spärlich über Telefon und Email möglich ist. Und wir haben doch einige inzwischen sehr enge Freunde, mit denen wir natürlich am liebsten viel Zeit verbringen möchten. Für unsere Arbeit im Rahmen unseres Vereins ‚share for life‘ ist Kapstadt hier in Südafrika einer der wichtigsten Stützpunkte und wir sind ein wenig stolz, dass wir hier in den letzten Jahren ein kleines Netzwerk von Menschen aufbauen konnten, die diese Arbeit in der einen oder anderen Art unterstützen. Auch dafür haben wir gerne unsere Zeit hier, in einer der attraktivsten Städte der Welt, eingesetzt.

So gehörte die zweite Woche der Pflege unserer Kontakte. Zwei Tage haben wir mit unserem Freund Andrew van der Merwe verbracht, dem Beach Calligrapher. Zum einem natürlich an den tollen Stränden rund um Cape Town und dann auch in interessanten und teilweise leicht philosophischen Gesprächen. Andrew ist ein ganz besonderer Mensch, der sich ganz seiner Leidenschaft der Kalligraphie verschrieben hat. Und dabei vor allem seiner Erfindung der Beach Calligraphy. Er schreibt in den nassen Sand direkt an der Wasserkante und macht dann ein tolles, künstlerisches Foto davon und damit wird sein Werk „konserviert“. Denn mit der nächsten größeren Welle ist das Kunstwerk wieder verschwunden. Andrew versucht seit längerem, seine Erfindung zu vermarkten und davon zu leben. Inzwischen wird er mehr und mehr bekannt und so macht er neben rein künstlerischen Arbeiten mehr und mehr Auftragsarbeiten, bei denen Leute z.B. den Namen eines lieben Menschen in den Sand schreiben lassen oder eines Paares oder ein für einen Menschen wichtiges Wort oder Zitat. Aber seht selbst, unten sind einige Beispiele seiner Werke in Bildern vertreten. Wir haben uns vorgenommen, ihn beim Vermarkten seiner Werke in Europa zu unterstützen und im Gegenzug unterstützt er unseren Verein share for life e.V., indem er einen Teil seiner über share for life vermittelten Aufträge an den Verein abtritt.

In der zweiten Woche hatten wir Gelegenheit, an einem bereits wahrlich legendären Konzert-Event teilzunehmen. Uli hatte bereits Wochen davor in einer Zeitung und im Internet davon gehört und so war es unser Plan, dies auch mal mitzuerleben. Es war das Konzert unserer absoluten Lieblingsgruppe aus Südafrika, FreshlyGround, in Kirstenbosch Garden. Kirstenbosch Garden ist einer der schönsten botanischen Gärten der Welt. Ein Besuch gehört zum Pflichtprogramm eines jeden Kapstadt-Besuches. Dieses Konzert der Gruppe  FreshlyGround zum Jahresanfang hat bereits eine lange Tradition, es fand dieses Jahr schon das 10. Mal statt. Am Anfang war es kostenlos und je bekannter diese Gruppe in Südafrika und rund um den Globus wurde, desto mehr Menschen kamen zu den Konzerten. Inzwischen ist FreshlyGround eine der angesagtesten Musikgruppen im Land. Als dann vorletztes Jahr mehr als 10.000 Menschen kamen und damit ein Verkehrschaos in ganz Kapstadt ausbrach, wurde das Konzept geändert und nun werden Eintrittskarten verkauft, jedoch zu sehr gemäßigten Preisen, wie wir finden. Kurzum, wir konnten Karten ergattern und haben neben Neo und Essie, Essies SOS-Ziehmutter Libby, der kleinen Annelies auch noch 3 Freundinnen von Neo mitgenommen. Eine davon mit dem Namen Vuyswa ist uns ganz besonders ans Herz gewachsen, obwohl wir sie erst ein paar Tage zuvor kennengelernt hatten. Und auch Pamela konnten wir dieses tolle Ereignis ermöglichen, sie war gerade an diesem Sonntag mit dem Minibus aus den Drakensbergen angekommen. Das Konzert selbst war ein gigantisches Erlebnis. Allein die Kulisse mitten im botanischen Garten mit Blick auf Tafelberg und auf Kapstadt und dann noch die Atmosphäre. Es war im Prinzip ein großes gemeinsames Picknick. Die Besucher kamen alle mit Picknick-Körben, Kühltaschen usw. und auf dem Rasen wurden Decken ausgebreitet und dann zuerst mal getafelt. Und irgendwann ging dann das Konzert los. Was für ein Erlebnis, unsere Lieblingsband vor dieser Kulisse in unserer Traumstadt – was für ein Highlight unserer Reise. Die Menschen gingen auch absolut mit und da sind die Südafrikaner ja schon ein wenig temperamentvoller als wir Deutschen, egal ob weiß oder schwarz. Die Schwarzen haben eben eine ganz andere Art, sich zur Musik zu bewegen. Ein tolles Konzert, das wir im wahrsten Sinne des Wortes ERLEBT haben.

Die restliche Zeit in der zweiten Woche trafen wir einige bekannte Gesichter und Freunde, aber auch neue waren dabei. Das macht ungeheuer viel Spaß, denn so viele Menschen begegnen uns hier sehr offen und gastfreundlich und ermutigen uns, auf dem eingeschlagenen Weg weiterzugehen. Der eine oder andere Kontakt wird uns sicher bei der weiteren Arbeit mit unserem Verein share for life e.V. weiterbringen. Leider konnten wir Stefan Hippler nicht treffen, der über die Feiertage nach einem sehr anstrengenden Jahr 2009 zu seinem wohl verdienten Urlaub in Thailand ausgeflogen war. Das hat uns wirklich Leid getan, denn wir hätten ihn gerne wieder getroffen. Er hat ein schlimmes Jahr für ihn hinter sich, in dem sein Arbeitsvertrag als Priester für die deutsche katholische Gemeinde am Kap ausgelaufen ist. Dieser wurde ihm dann leider in der bisherigen Form nicht verlängert. Es folgte ein Jahr des Tauziehens zwischen den zuständigen Dienstherren und Kirchenbehörden und Stefan hat lange nicht gewusst, wie seine Leben nach dem 30. September 2009 weitergehen wird. Durch seine Arbeit im Bereich Aids/HIV und mit der Stiftung Hope Cape Town bewegt er sich ständig im Spannungsfeld zwischen katholischer Kirchenlehre und andererseits den Realitäten in den Townships und der Arbeit der Stiftung, die einen sagenhaften Beitrag zum Wohle der Menschen in Kapstadt und weit darüber hinaus leistet. Letztendlich konnte ihm durch seinen neuen Bischof Ackermann eine Sonderbeauftragung für die weitere Arbeit in der Stiftung sowie im Bereich HIV/Aids im Bereich der Kirche übertragen werden. Somit kann Stefan Hippler die nächsten 5 Jahre in Südafrika bleiben. Wir sind sehr froh, dass es letztlich doch zum guten Ende für Stefan kommen konnte, wenngleich es für ihn sehr hart war, sehr lange nicht zu wissen, wie es weiter geht. Wie gesagt, wir hätten Stefan gerne getroffen, aber das verschieben wir dann eben aufs nächste Mal.

Am 16.01.10 haben wir morgens dann schweren Herzens gepackt und nachmittags ging dann unser Flieger zuerst nach Windhoek/Namibia und von dort weiter nach Frankfurt. Der Abschied ist uns dieses Mal sehr, sehr schwer gefallen. Inzwischen sind wir doch mehr und mehr mit den Menschen im Süden von Afrika verbunden und es ist wirklich schwer, sich dann immer für mindestens 1 Jahr zu verabschieden. Wir wissen ja nie, ob die nächste Reise wirklich innerhalb Jahresfrist möglich ist. Neo ist extra zum Flughafen gekommen, um uns noch einmal Tschüss zu sagen, obwohl wir uns am Abend vorher schon verabschiedet hatten. Auch ihr ist es sehr schwer gefallen, uns wieder ziehen zu lassen und so haben wir drei wirklich ein paar Tränen verdrücken müssen, als wir uns dann definitiv trennen mussten. Für uns beide war das Abheben des Fliegers wirklich ein sehr emotionaler Moment und nur mit Mühe konnten wir einigermaßen die Fassung wahren. Eine sehr, sehr tolle Reise ging damit zu Ende, die uns noch mehr als die Reisen zuvor reicher gemacht hat an persönlichen Erlebnissen und Beziehungen zu den Menschen im südlichen Afrika. Aber sie hat uns auch bestätigt, auf dem eingeschlagenen Weg weiterzugehen. Wir sind gespannt, wohin uns dieser Weg führen wird.

Geht Ihr mit ?
 

share for life – wer teilt, hat mehr vom Leben!